330 Neunter Abschnitt. Vom Tode Friedrich's d. Gr. bis zum Ende der Befreiungskriege.
§ 75. Die Schlacht bei Leipzig.
A. Erzählung.
a) Vorbereitung.
Nach dem Siege an der Katzbach war Blücher bis zur Elbe vorge¬
drungen. Er hatte den Plan, über diesen Muß zu ziehen, sich dann mit der
Nordarmee zu vereinigen und so Napoleon in den Rücken zu kommen. Letzterer
konnte dann seine Stellung bei Dresden nicht mehr halten, und die Ent¬
scheidung mußte kommen. Aber der Übergang über die Elbe mußte erst noch
erkämpft werden. Da, wo die schwarze Elster sich in diesen Strom ergießt,
und letzterer bei dem Dorse Wartenburg eine starke Biegung macht, fand der
Übergang statt, und die Truppeu Jork's hatten gegen Franzosen, Italiener
und Rheinbundtruppen bei Wartenburg am 3. Oktober 1813 einen harten
Strauß zu bestehen. Die Schlacht, welche hier in dem sumpfigen mit Weiden¬
gebüsch bedeckten Uferlande aus dem linken Elbufer stattfand, ist eine der
schönsten Waffenthaten des tapferen Jork; darum hat ihm auch später der
König den Titel „Graf Jork von Wartenburg" verliehen.
Endlich ging auch der Kronprinz von Schweden mit der Nordarmee
über die Elbe und überschritt bei der Mündung der Mulde in dieselbe
den Strom.
Auch die große Armee folgte, und alle drei Heere waren nun in Be¬
wegung ; ihr Ziel war die Ebene von Leipzig, wo ihre Vereinigung stattfinden
und die große Entscheidung in diesem Kampfe fallen sollte. Napoleon mußte
nun fürchten, von Frankreich abgeschnitten zu werden, und verließ darum
seine Hauptstellung bei Dresden, um den Verbündeten zu folgen.
b) Der 16. Oktober 1818.
Um die neunte Morgenstunde des 16. Oktober wurden die Bewohner
der Stadt Leipzig durch einen gewaltigen Kanonendonner erschreckt. Die
Fenster dröhnten, und die Häuser bebten. Fürchterlich tönte er von Süden
herüber. Hier im Süden der Stadt bei den Dörfern Wachau und Liebert-
wolkwitz, rechts von der Pleiße, die in nördlicher Richtung der weißen Elster
zueilt, stand die Hauptmacht des französischen Kaisers. Bei Wachau brüllten
die Feuerschlünde am heftigsten; denn um dieses wurde am erbittertsten ge¬
kämpft. Napoleon selbst stand an dieser Stelle an der Spitze seiner Truppen
und setzte alles daran, den Sieg zu gewinnen. Jmmermehr Feuerschlünde
ließ er hier ihr verderbliches Werk beginnen, bis über 100 derselben Tod
und Verderben in die Reihen der Verbündeten sprühten. Aber wenn auch
der Eisenhagel der Kanonen tiefe Lücken in die Reihen der Kämpfer riß und
ihre Zahl furchtbar lichtete, so standen sie doch unerschütterlich und versuchten
immer von neuem zu stürmen. Schließlich mußte man das Unmögliche auf¬
geben, und die ermüdeten Streiter zogen sich 1j4e Meile weiter südlich von
Wachau zurück. Es war 3 Uhr geworden, da schwieg plötzlich der fürchter¬
liche Kanonendonner, und man vernahm Pferdegetrampel und Waffengeklirr
der Reiter. Napoleon hatte zwischen Wachau und Liebertwolkwitz seine Reiterei
zu einem furchtbaren Reiterangriff auf die Stellung der Verbündeten zu¬
sammenziehen lassen. Nun brausten die Scharen der Reiter wie ein Sturm-