Der deutsch-französ. Krieg. § 88. Der 2. September 1 70. — Sedan. 399
Diese übernahm nun den beschwerlichen Dienst vor Metz, das in einem Um¬
kreise von 6 Meilen eingeschlossen wurde. Zum Glück war die deutsche Armee
so stark, daß man trotz dieses großen Werkes sofort noch zu einem anderen
wichtigen Unternehmen schreiten konnte, nämlich zum Vormarsch auf Paris, bei
welchem man Mac Mahon aufsuchen und mit seiner Armee vernichten wollte.
Dazu wurden zwei Heere bestimmt. Das eine, die sogenannte 3. Armee,
stand unter dem Kronprinzen von Preußen, und die neugebildete Maas-Armee
erhielt den Kronprinzen Albert von Sachsen zum Anführer. Beide Heere
setzten sich in Marsch auf Paris, und zwar zog die 3. Armee der oberen
Marne zu, während die Maas-Armee weiter nördlich von der ersteren sich
fortbewegte. König Wilhelm folgte mit dem großen Hauptquartier der Armee
seines Sohnes. Man mußte darauf rechnen, daß Mac Mahon in einer festen
Stellung noch eine Schlacht annehmen, oder bis unter die Mauern von Paris
zurückweichen würde. Allerdings dachte man auch noch an eine dritte Mög¬
lichkeit, nämlich daß Mac Mahon selbst zum Angriff schreiten könnte, um
Bazaine in Metz zu befreien.
Die Aufgabe, Erkundigungen über die Stellung, Stärke und Marsch¬
richtung des Feindes einzuziehen, fällt im Kriege der Reiterei zu. Sie schwärmt
dem Heere stets weit voran und überbringt den nachfolgenden Heerführern
wertvolle Nachrichten. Diese müssen dann aus solchen zahlreichen, oft unsicheren,
ja sich widersprechenden Nachrichten mit Hilfe ihrer militärischen Erfahrung und
ihres Scharfsinns die Absichten des Feindes zu erraten suchen und darnach
ihre Anordnungen und Vorkehrungen treffen.
Am 24. August befand sich das Hauptquartier des Königs bereits in
Bar le Duc. Bis dahin ließen alle Nachrichten erkennen, daß Mac Mahon
sich noch im Lager von Chalons befinde. Der Plan zum Angriff auf den¬
selben war bereits entworfen, da kam am 25. August die Nachricht, daß das
Lager von Chalons leer stehe und Mac Mahon auf dem Marsch gegen Rheims
sei. — Diese Kunde brachte eine große Aufregung in dem preußischen Haupt¬
quartier hervor. Alles mußte nun geändert werden, Die in einer Ausdehnung
von vielen Meilen entfernt marschierenden Truppenteile mußten jetzt mit neuen
Befehlen versehen werden; die gewaltigen Züge von Wagen mit Verpflegungs¬
gegenständen, Schießbedarf, Heergerät und Kriegsmaterial aller Art mußten
andere Richtung erhalten. Da gab es viele Stunden ernsten Sinnens und
Arbeitens, bis der König mit seinen Ratgebern die neue Marschordnung und
den veränderten Kriegsplan wieder hergestellt hatte. Wie flogen da die Reiter
nach allen Seiten, um den Anführern der einzelnen Truppenteile aus dem
großen Hauptquartiere die neuen Befehle zu überbringen! Es stand nun fest,
daß Mac Mahon mit seinem Heere eine große Rechtsschwenkung ausgeführt
hatte und versuchen wollte, der Maas-Armee auszuweichen, um nördlich von
ihrer Marschlinie, an der belgischen Grenze entlang, nach Metz zu marschieren,
wo er Bazaine die Hand reichen wollte. Dies zu verhüten, die Armee Mac
Mahon's schon vor ihrem Eintreffen bei Metz, wo Bazaine ihr leicht durch
einen Ausfall aus dieser Festung zu Hilfe kommen konnte, zu vernichten, darauf
liefen alle Anordnungen des Königs und seines Generalstabes hinaus. Da
war keine Zeit zu verlieren, das wußten alle Truppenführer und führten die
neu befohlenen Märsche mit der größten Schnelligkeit aus.