§ 8. Chlodwig und die Gründung des Frankenreichs. 25
Reich ihres Vaters geteilt. Der Vater Chlotilden's war von seinem Bruder
Gundobad ermordet worden, und Chlotilde war in einem Kloster erzogen
worden. Tief haßte sie ihren Oheim, der ihren Vater ermordet hatte. Sie
besann sich nicht lange, als die Boten des Frankenkönigs als Brautwerber
erschienen. Mit Freuden folgte sie ihnen nach dem Reich der Franken; denn
ihr Herz freute sich, daß sie jetzt die Macht gewinne, Rache an ihrem Oheim
zu üben. Mit Bangen aber sah sie Gundobad ziehen. Am liebsten hätte er
dem Frankenkönig' ihre Hand verweigert, wagte aber doch nicht, einem so ge¬
fährlichen Nachbar etwas abzuschlagen. Diefe Ehe war für Chlodwig recht
folgenschwer. Seine christliche Gemahlin that alles, um Chlodwig zum Christen¬
tum zu gewinnen. Ein Erfolg war es schon, als er gestattete, daß sein erst¬
geborener Sohn christlich getauft wurde. Aber der liebe Gott fandte Chlotilde
eine schwere Prüfung. Das Kind starb, und nun sprach Chlodwig: „Die
Götter zürnen, daß das Kind getauft ist; darum haben sie uns dasselbe
durch den Tod geraubt." Chlotilde ließ nicht nach, ihren Gemahl auf die
Heiligkeit und Wahrheit der Lehre Christi hinzuweisen; aber erst durch die
Not sollte Chlodwig für das Christentum gewonnen werden.
c) Chlodwig wird Christ.
Chlodwig war mit einem verwandten Frankenfürsien gegen das Volk der
Alamannen gezogen. Es kam zu einer heißen Schlacht, in welcher der Sieg
ihm sehr schwer wurde, schwerer als in der Schlacht bei Soissons gegen die
verweichlichten Römer. Als die Frankenscharen sich schon zu lösen anfingen
und immer mehr zurückwichen, da betete Chlodwig:
„Jesus Christus, Chlotilde sagt, du seiest der Sohn des lebendigen Gottes,
du brächtest Hilfe den Notleidenden und verliehest Sieg denen, die auf dich
hoffen. Demütig beuge ich mich vor dir und flehe zu dir um deinen mächtigen
Beistand. Gewährest du mir den Sieg über diese Feinde, so werde ich dich
bekennen und mich taufen lassen auf deinen Namen; denn ich habe meine
Götter angerufen, aber ich habe es erfahren müssen, sie nahen sich nicht,
mir zu helfen." So rief er aus. Da singen die Alamannen an zu Wanken
und sich zur Flucht zu wenden, und als sie ihren König erschlagen sahen,
unterwarfen sie sich Chlodwig's Macht und sagten: „Nicht länger sei der Ver¬
nichtung geweiht unser Volk, so flehen wir dich an; denn schon find wir
dein!" —
Chlodwig erfüllte sein Gelübde, das er in der Not gethan hatte, und
ant Weihnachtsfeste des Jahres 496 fand mit großer Feierlichkeit seine Taufe
statt. Chlodwig uud 3000 edle Franken, alle mit weißen Kleidern angethan,
zogen durch die festlich geschmückten Straßen von Reims in die hellerleuchtete
und von Weihrauch duftende Kirche des heiligen Martin. Beim Eintritt in
die Kirche fragte Chlodwig den ihn führenden Bischof: „Mein Vater, ist dies
das Reich, welches ihr mir versprochen habt?" „Nein", antwortete derselbe,
„es ist nur der Weg, der in dasselbe führt." Als die feierliche Kaufhandlung
stattfand, sprach der Bischof: „Beuge dein Haupt, stolzer König! verbrenne,
was du angebetet, und bete an, was du verbrannt hast!" Nach der Taufe
sollte die Salbung stattfinden. Da fehlte das geweihte Salböl, weil der
Priester, der es bringen sollte, nicht durch die Volksmenge durchdringen konnte.