54 Vierter Abschnitt. Die Geschichte des deutschen Reiches von Heinrich I. rc.
d) König Heinrich besiegt die Ungarn.
Als nun Heinrich seine Rüstungen vollendet und auch sein Heer in dem
Kampfe gegen die Slaven hinreichend erprobt hatte, da nahte auch das Ende
des Waffenstillstandes mit den Ungarn, und der König veranstaltete jetzt eine
Volksversammlung und bereitete die Seinen durch folgende feierliche Anrede
auf den ernsten Kampf, der ihnen nun noch bevorstand, vor: „Ihr seht jetzt
das Reich durch meine Siege und eure Tapferkeit unter Gottes gnädigem Bei¬
stand beruhigt und neu gekräftigt, die Wenden aber überwunden und euch
Unterthan. Eins ist jedoch noch zu thun übrig, daß wir gegen die gemein¬
samen Feinde, die Ungarn, einmütig zu den Waffen greifen. Euch, eure (Söhne
und Töchter habe ich bisher mit Schatzung bedrückt, um die Säckel der Feinde
zu füllen, jetzt sehe ich mich gezwungen, die Kirche und ihre Diener zu be¬
rauben ; denn nichts ist uns geblieben. Soll ich nun auch den Schatz, der
dem Dienst des Herrn geweiht ist, nehmen und zu unserer Lösung den Fein¬
den Gottes geben?" Da erhob alles Volk seine Stimme und rief: „Der
lebendige und wahrhaftige Gott, der treu und gerecht ist in allen seinen
Wegen und heilig in allen seinen Werken, mache uns frei von der Knecht¬
schaft! " Und sie gelobten dem Könige ihre Hilfe. Bald erschienen auch die
Boten der Ungarn und forderten den üblichen Tribut, wurden aber diesmal
abgewiesen. Als die Ungarn solches hörten, sammelten sie unverweilt ein
großes Heer und zogen eilends nach Sachsen. Sie nahmen ihren Weg durch
das Land der Daleminzier und forderten von diesen ihren alten Bundes¬
genossen Unterstützung. Diese aber warfen ihnen zum Hohn einen fetten
Hund vor. Aber die Ungarn hatten nicht Zeit, den erfahrenen Hohn zu
rächen, sondern zogen sofort nach Thüringen. Hier teilten sich ihre Scharen.
Ein Teil wandte sich nach Westen, um von Westen und Süden in Sachsen
einzufallen, während der andere Teil von Osten her in das Land eindrang.
Die erstere Schar wurde von einem Hausen sächsischen und thüringischen
Kriegsvolkes auseinander gesprengt und verlor im Kampfe ihren Führer. Viele
starben auf der Flucht vor Hunger, oder kamen im Winterfrost um, andere
gerieten in Gefangenschaft, oder wurden niedergehauen. Der zweite Heerhaufeu
der Ungarn belagerte eine Burg, in welcher eine Schwester König Heinrichs
wohnte, und wo sie viele Schätze vermuteten. Da kam aber die Kunde, der
König habe sich in der Nähe bei Riade an der Unstrut mit seinem Heer ge¬
lagert. Die erschreckten Ungarn zündeten große Feuer an, um durch die auf¬
steigenden Feuerzeichen und Rauchsäulen ihre zerstreuten Heerhaufen zusammen
zu rufen. Der König aber führte am folgenden Tage fein Heer zum Kampfe
und ermunterte feine Krieger, daß sie ihre Hoffnung auf die göttliche Barm¬
herzigkeit fetzen sollten. Wie erstaunten die Ungarn, als sie das stattliche
Reiterheer erblickten, das geschlossen und in ruhiger Zuversicht ihnen entgegen-
rückte! Erschrocken vor dieser Schlachtordnung wendeten sie sich bald zur
Flucht. Meilenweit wurden sie noch von den sächsischen Reitern verfolgt,
und viele wurden gefangen oder niedergemacht. Wie groß war aber der Jubel
der armen christlichen Gefangenen, welche die Ungarn auf ihrem Zuge mit¬
geschleppt hatten, und die jetzt von den Ihren wieder befreit wurden! König
Heinrich vergaß in der Siegesfreude nicht, dem Herrn, mit dessen Hilfe er
diesen Sieg so lange vorbereitet und nun ausgeführt hatte, feinen Dank ab-