Full text: Erziehender Geschichtsunterricht

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(0) Ihr wißt schon, daß der Kronprinz Friedrich Wilhelm an die 
Spitze der einen Armee gestellt wurde, die hauptsächlich aus den süddeutschen 
Truppen bestand. Das war die südlichste Armee, die sog. dritte Armee. 
Und weil ja der Zug nach Frankreich, also nach Westen, gehen sollte, so 
marschierte diese Armee am weitesten links. Die Soldaten sagen dann, sie 
bildete den linken Flügel. Ihr stand die eine französische Hauptarmee 
unter dem General Mac Mahon gegenüber. Den rechten Flügel bildete 
die erste Armee unter dem General v. Steinmetz. Den Oberbefehl über die 
Mitte hatte wieder wie bei Köuiggrätz der Prinz Friedrich Karl. 
Die Franzosen waren nun gleich über die Grenze gegangen und 
hatten die alleräußerste deutsche Stadt angegriffen, nämlich Saarbrücken. 
In Saarbrücken lagen 1400 Soldaten, und die Franzosen griffen sie mit 
30000 Mann an. Und trotzdem dauerte es eine ganze Zeit, bis sie die 
Stadt einnehmen konnten. Vor allem hatten die Franzosen eine mords- 
mäßige Angst vor den preußischen Ulanen, die in Saarbrücken lagen. 
Ulanen hatten sie noch nie gesehen. Das ist aber auch eine unserer schönsten 
Kavallerietruppen. Alle Ulanen, auch die Gemeinen, tragen Epanlettes aus 
der Schulter, das sind weiße oder farbige Platten mit breitem, goldenem 
Rand, wie sie sonst nur die Offiziere tragen, wenn sie sich ganz fein machen. 
Auf dem Kopf tragen sie einen schwarzen Helm mit einer viereckigen 
Platte oben darüber, von der weiße Schnüre auf die Schulter herunter- 
hängen. Man nennt diesen Helm die Czapka. Der Waffenrock hat nicht 
bloß eine Reihe blanker Knöpfe, wie bei der Infanterie, sondern zwei 
Reihen, von denen die Brust wunderschön eingerahmt wird. In der Hand 
aber halten sie eine Lanze, die ist 3 m lang, und vorne weht ein kleines 
weiß-schwarzes Fähnlein daran, sodaß die Feinde jedem einzelnen Ulan 
gleich ansehen können, daß er ein Preuße ist. Jetzt hat unsere ganze 
Kavallerie diese Lanze, damals nur die Ulanen. 
Die waren nun in Saarbrücken ganz gewaltig rührig; überall kam 
eine Ulaueuabteiluug hervor, sodaß die Franzosen bald glaubten, es müßten 
viel mehr Ulanen in der Stadt sein, als wirklich drin waren. Dazu 
brauchten sie noch eine List. Sie zogen sich auch zuweilen andere Uni- 
formen an, als ihnen eigentlich gehörten, ließen sich vor den Franzosen 
damit sehen und verschwanden dann wieder. Infolgedessen glaubten dann 
die Franzosen, es wären noch mehr Kavallerieregimenter in der Stadt. 
So trauten sie sich nicht herein, bis endlich nach einigen Tagen die List 
sich nicht mehr aufrecht erhalten ließ. Da kamen denn die Franzosen 
herein, als hätten sie einen ungeheuren Sieg errungen, aber die Preußen 
waren schon weg. Es war zum Lachen, was die Franzosen sich aufspielten
	        
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