Full text: Kurze Darstellung der deutschen Geschichte

Albrecht I. 1298 bis 1308. 99 
verfolgte und so vielleicht die kaiserliche Macht wieder über die der Fürsten er¬ 
höbe. So wählten sie auch zu Rudolfs Nachfolger nicht seinen Sohn Albrecht, 
sondern den Grafen Adolf von Nassau, der noch geringer an Macht, als 
einst der Graf von Habsburg, übrigens aber, gleich wie er, als tapferer Ritter 
geachtet war. Adolf nahm die Würde gern an und gedachte sie eben so, wie 
sein Vorgänger, zu der Erhebung seines Geschlechts zu benutzen. Allein das 
Schicksal bot ihm nicht so günstige Gelegenheit dazu dar, und er selbst besaß auch 
nicht die Festigkeit und Größe der Gesinnung, um sich ganz würdig dabei zu 
benehmen. Um Geld zu gewinnen, ließ er sich mit dem Könige von England 
in ein Bündniß gegen Frankreich ein, nahm von jenem eine beträchtliche Summe 
und verwandte sie darauf, seinen Nachkommen ein größeres Land zu kaufen. Es 
traf sich nämlich, daß zwischen dem Markgrafen von Thüringen, Albrecht dem 
Unartigen, und seinen Söhnen erster Ehe, Friedrich mit der gebissenen Wange 
und Diezmann, ein Streit war wegen offenbarer Ungerechtigkeit des Vaters. 
Dieser wollte seine ältesten Söhne verstoßen und sein Land dem jüngsten, aus 
einer zweiten Ehe, zuwenden; da er dieses nicht durchsetzen konnte, so verkaufte 
er das ganze Land an Adolf, um wenigstens das Kaufgeld dem jungem 
zu geben. Adolf ließ sich von der Lust zu dem schönen thüringischen Lande 
verblenden, ging auf die Ungerechtigkeit ein, und er, der die Unterdrückten hätte 
beschützen und das Recht bewahren sollen, führte nun selbst einen ungerechten 
Krieg gegen die unglücklichen Söhne des Markgrafen. Dieses und manches andere 
verdroß die deutschen Fürsten sehr; sie hielten eine Versammlung und setzten 
Adolf ab: „weil er Kirchen verwüstet, von einem geringeren (dem König von 
England, denn damals galt der Kaiser noch als der erste Fürst in der ganzen 
Christenheit) Geld genommen und den Landfrieden nicht beschützt habe." Statt 
seiner erwählten sie den Albrecht von Oestreich, den sie früher nicht ge¬ 
wollt hatten. Es kam zum Kriege, denn Adolf hatte auch noch Anhänger und 
bei Göllheim (westl. v. Worms) trafen die beiden Gegner im Jahre 1298 
auf einander. Aber Adolf verlor die Schlacht und selbst sein Leben. 
49. Albrecht I. 1298—1308. 
Albrecht hat eben so wenig, als Adolf, etwas Tüchtiges für Deutschland 
ausgerichtet. An Kraft fehlte es ihm nicht, aber wohl an der Güte und Freund¬ 
lichkeit, welche die Herzen der Menschen gewinnt. Sein Streben ging nach Geld 
und Gut und nach Vergrößerung seiner Herrschaft, und er hat dazu nicht immer 
die besten Mittel gebraucht. Dieses Bestreben aber hat ihm keinen Vortheil, 
und endlich, nachdem er 10 Jahre regiert hatte, sogar den Tod gebracht, wie 
wir sogleich weiter hören werden. 
Die meisten der habsburgischen Stammgüter lagen, wie wir wissen, in der 
Schwerz und machten einen Theil der jetzigen Schweizer Cantone aus. Ein 
""derer Theil der Schweiz, namentlich die sogenannten Waldstädte, Schwyz, Uri 
und Unterwalden, waren freie Glieder des deutschen Reiches und standen unter 
keinem Herrn, als nur unter dem Kaiser. Albrecht I., der vor allen Dingen 
seme eigene Macht vermehren wollte, wenn es auch auf Kosten des Reiches wäre, 
vergaß seine kaiserliche Würde so sehr, daß er den freien Schweizern den Antrag 
machen ließ, sie möchten sich ans dem Schutze des Reiches in den des Hauses 
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