Full text: Kurze Darstellung der deutschen Geschichte

Folgen des 30järigen Krieges. 
die damals aufkommende Unsitte allerlei fremde Worte einzumischen. Auch die 
fremden Trachten und Moden, besonders die französischen, fing man an nachzu¬ 
ahmen. Und dazu kam die politische Fremdherrschaft. Die Franzosen und Schwe¬ 
den sprachen in unsere Angelegenheiten hinein; jene waren durch den Besitz des 
Elsaß bis zum Oberrhein vorgedrungen und Süddeutschland lag ihren Angriffen 
offen; im Norden Inahmen die Schweden eine beherrschende Stellung ein; die 
Mündungen der Oder, Elbe und Weser waren in ihrer Hand. Und wie nach 
außen hin das Reich verstümmelt worden war, so war es auch im Innern faul 
und morsch. Der Kaiser als solcher ohne Macht; die Fürsten von ihm unab¬ 
hängig und souverän, unter sich uneinig, oft mit den Fremden im Bunde; der Reichs¬ 
tag, seit 1663 in Regensburg permanent, welcher die Vertretung des Reiches 
vorstellen sollte, nicht von den Fürsten, sondern von deren Gesandten besucht, ohn¬ 
mächtig und kleinlichen Dingen zugewandt; die beiden höchsten Gerichte, das 
Reichskammergericht, zuletzt in Wetzlar, und der Reichshofrath in Wien, so schwer¬ 
fällig und schleppend in ihren Verhandlungen und Urtheilen, daß manche Prozesse 
über 100 Jahre gedauert haben. Dieser traurigen inneren Verfassung des Reiches 
entsprach der fernere Gang der deutschen Geschichte. Wenn auch in Kunst und 
Wissenschaft mit der Zeit manches Schöne und Tüchtige wieder geleistet wurde, 
Ackerbau, Gewerbe und Handel wieder mehr in Aufnahme kamen, die Geschichte 
unseres Vaterlandes als eines Ganzen wird Zimmer trauriger. Es folgen eine 
Reihe von Kriegen, in denen deutsches Land in meist unrühmlicher Weise Schau¬ 
platz und Kampspreis ist. Die Auflösung des Reichsverbandes wird unter solchen 
Umständen immer unvermeidlicher, und die Habsburger, deren Kaiserthum gegen¬ 
über der Souveränes der Fürsten ein bloßes Schattenbild geworden war, fanden 
es nicht für nöthig Pfleger oder gar „Mehrer" des Reiches zu sein, sondern 
benutzten vielmehr das Reich, so gut es angehen wollte, für die Zwecke ihres 
Hauses, im übrigen unbekümmert um deutsche Ehre und Wohlfahrt. Es wäre 
schlimm um die Zukunft des deutschen Volkes bestellt gewesen, wenn Gott nicht 
ein Fürstengeschlecht dazu ausersehen gehabt hätte dem deutschen Volke wieder die 
politische Stellung zu geben, welche ihm zukömmt. Das ist die Dynastie der 
Hohenzollern, der Gründer des brandenburgisch-preußischen Staates und des 
neuen deutschen Reiches. Wir müssen daher an dieser Stelle 
75. Die Geschichte des brandenburgisch-preußischen 
Staates 
in einem kurzen Ueberblick betrachten. 
Der älteste Bestandtheil der heutigen preußischen Monarchie ist die Mar 
Brandenburg. Mark heißt Grenze, dann Grenzgebiet, Solche Marken wurden 
schon von Karl dem Großen angelegt! zum Schutze des Reiches gegen feindliche 
Nachbarn und besonderen Markgrafen zur Verwaltung übergeben. Im Verlaufe 
der Völkerwanderung und durch dieselbe war alles Land östlich der Elbe von den 
deutschen Stämmen verlassen uud allmählich von einem Volke anderer Sprache, 
das ebenfalls in viele einzelne Stämme zerfiel, nemlich von den Slaven, in Besitz 
genommen worden. Als aber die Wogen der großen Wanderung sich gelegt hat¬ 
ten, und als die Deutschen das Christenthum angenommen hatten und unter kraft¬ 
vollen Herrschern zu einem Reiche zufammengefchloßen worden waren, da ging 
wieder eine Bewegung der deutschen Stämme über die Ostgrenze in die früher 
ebenfalls germanischen, damals slavischen Gebiete. Was anfangs wohl nur Abwehr
	        
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