Full text: Kurze Darstellung der deutschen Geschichte

150 III. Zeitr. Die neuere Zeit. Von der Reformation bis jetzt. 
der Einfälle räuberischer Nachbarn oder ein Raufen der verschiedenen Stämme 
an der beiderseitigen Grenze war, wurde mit der Zeit in einem höheren Sinne 
gefaßt. Politische und kirchliche Gründe waren es, welche die Unterwerfung der 
Slavenländer empfahlen: dieselben Gründe, die Karl den Gr. in dem 30jährigen 
Sachsenkriege hatten ausdauern lassen. Es war Eroberung und Bekehrung und 
Colomsirung, was da getrieben wurde. Daher wurden solche Züge ins Slaven¬ 
land häufig geradezu als Kreuzzüge aufgefaßt und unternommen, während sie an¬ 
dererseits uns auch als Auswanderungszüge erscheinen können. Was der Ritter 
mit dem Schwerte genommen, konnte nur festgehalten werden, wenn die Mönche 
und Priester nachfolgten, die freilich damals die Mission mit dem Netze und nicht 
mit der Angel trieben, und durch die Predigt des Christenthums, sowie durch die 
Verbreitung allerlei nützlicher Kenntnisse die Heiden gewannen, und wenn endlich 
deutsche Bürger und Bauern neben dem Ritter sich ansiedelten und so einen Stamm 
deutscher Bevölkerung ins Land brachten. Auf diese Weise ist denn der ganze 
östliche Theil unseres Vaterlandes, bald in gewaltsamer, bald in friedlicher Weise 
(denn es gab Slavenfürsten, welche von selbst Deutsche in ihr Land holten) deutsch 
und christlich gemacht worden, und zwar so, daß man jetzt nicht mehr weiß, daß 
das, sozusagen, unsere deutschen Colonien sind. Diese große Aufgabe aber ist 
vorwiegend von dem altsächsischen Stamme gelöst worden: den hervorragendsten 
Antheil haben die ersten sächsischen Kaiser, dann Herzog Heinrich der Löwe und 
Markgraf Albrecht der Bär, endlich der deutsche Ritterorden. 
Schon Heinrich I. hatte 928 die Slaven zwischen Elbe und Oder besiegt, 
ja ihre Stadt Brennabor erobert, aber erst nach 200 Jahren kam es zur festen 
Begründung der deutschen Herrschaft und des Christenthums in jenen Gegenden 
durch Albrecht den Bären, einen Grafen von Askanien, daher seine Nachfolger die 
Askanier genannt werden. Dieser hatte 1134 von K. Lothar die Nordmark 
(jetzt Altmark) erhalten; als er aber auf dem rechten Elbufer seinen Besitz ausge¬ 
dehnt hatte, nannte er sich Markgraf von Brandenburg. Auch wurde er 
von aller Unterordung unter den Herzog von Sachsen entbunden und dadurch 
r ei ch sunmit t elba r, d. h. er hatte nur den Kaiser als Herrn über sich. Er 
war unablässig bemüht seine Herrschaft in der oben bezeichneten Weise zu befestigen. 
Ebenso sind feine Nachfolger tüchtige Herrscher gewesen: die Mark Brandenburg 
war ein wohlregiertes Land. Aber im I. 1320 starben die Askanier aus, und 
nun kamen schlimme Zeiten. Die Markgrafen aus dem bairischen Hause, Söhne 
des K. Ludwig, 1324—1373, ließen das Land verkommen, daher fand auch 1348 
der s. g. falsche Waldemar großen Anhang. Dieser Mann erklärte, er sei 
der vorletzte von den Assaniern, der nach seiner Angabe nur scheinbar 1319 ge¬ 
storbene Waldemar. Er habe nemlich über seine zu nahe Verwandtschaft mit sei¬ 
ner Frau Gewissensbedenken gehabt, darum der Herrschaft entsagt und ein Schein- 
begräbniß veranstaltet, um in Wahrheit als Pilger ins heil. Land zu ziehen; auf 
die Kunde aber von dem Übeln Ergehen seines Landes sei er heimgekehrt und 
wolle die Regierung wieder an sich nehmen. Er fand, wie gesagt, eine Zeitlang 
Glauben in der Mark und Unterstützung bei einigen Fürsten, wurde aber zuletzt 
von allen übrigen verlassen und nur von den Assaniern in Dessau bis an seinen 
Tod unterhalten. Aus der Zeit der bair. Markgrafen ist nur das eine wichtig, 
daß unter ihnen durch die goldene Bulle 1356 der Markgraf von Brandenburg 
die Kurwürde erhielt; die Erzkämmererwürde ruhte schon seit Albrecht dem Bären 
ans der Mark. 
Im I. 1373 nöthigte K. Karl IV. den Markgrafen Otto ihm die Mark 
zu überlassen: so kam sie ans luxemburgische Haus, und blieb bei demselben
	        
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