154 III. Zeitr. Die neuere Zeit. Von der Reformation bis jetzt.
76. Leopold I. 1658—1705. Joseph I. 1705—17sl
Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst 1640—1688.
Friedrich III. (I.) Kurfürst 1688—1701, König von
Preußen 1701—1713.
Die Jugendzeit des großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, (geb. 1620)
fiel in die schlimmsten Jahre des 30jähr. Krieges. Er war daher, um den
Kriegsunruhen entrückt eine tüchtige Ausbildung zu erhalten, in die Niederlande
geschickt worden. Hier hat er während eines 4jährigen Aufenthalts (1634—38)
Angesichts eines so blühenden und mächtigen Staates, wie damals die Nieder¬
lande waren, sowie der Kriegsthaten des Statthalters Friedrich Heinrich von Oranien
nachhaltige Eindrücke für sein späteres Leben und Negieren erhalten; auch wußte
er sich inmitten vieler Versuchungen des dortigen Lebens rein zu erhalten. So
kehrte er geistig und sittlich tüchtig in die verwilderte, unglückliche Heimath zurück
und trat bald nachher, erst 20 I. alt, aber mit der Reife eines Mannes, die
Regierung an. Seine nächste Sorge war, ein stehendes Heer zu schaffen (Gründer
des preuß. Heeres) und so hatte er sich während der letzten 8 Jahre des 30jähr.
Krieges eine solche Stellung errungen, daß er beim Abschlüsse des westfäl. Friedens
seine Ansprüche zum größten Theile durchsetzte. Auf einen Erbvertrag gestützt
verlangte er ganz Pommern, dessen Herzöge ausgestorben waren, um so mehr,
da er zu Gunsten des Handels und der Schifffahrt die Odermündung zu besitzen
wünschte. Allein Schweden, damals ein mächtiger Staat, gönnte ihm nur Hinter¬
pommern; zur Entschädigung für den anderen Theil Pommerns erhielt er ehe¬
mals geistliche Besitzungen, nemlich die Bisthümer Camin, Halberstadt, Minden
und das Erzbisthum Magdeburg. Indeß die Erweiterung des Landes durch
neue Gebiete wäre nicht allzuhoch anzuschlagen, wenn nicht Friedrich Wilhelm zugleich
es verstanden hätte das Land im ganzen zu heben. Die Erhaltung und Ver¬
mehrung des Heeres (zuletzt 28000 Mann) lenkte seine Aufmerksamkeit auf die
Verbesserung des Steuerwesens: er fand in der f. g. Accise, d. h. einer auf
alle Gegenstände des Verbrauchs gelegten Steuer, ein Mittel die Einnahmen zu
mehren und die Steuerlast gerechter zu vertheilen, denn diese Steuer traf alle,
auch die von anderen Steuern befreiten. Es hängt hiermit zusammen, wenn
Friedrich Wilhelm den Gewerben, dem Handel, der Industrie, der Landwirthschaft
seine Fürsorge widmete; auch Künste und Wissenschaften fanden bei ihm Pflege
und Unterstützung. Wie er für Erweiterung seines Gebiets und für Hebung des
Landes sorgte, so war er gleicherweise darauf bedacht in seinen Territorien eine
unbeschränkte Fürstengewalt zu gewinnen und auszuüben. Das lag im Geiste
der Zeit, daß die Fürsten souverän sein wollten d. h. sie wollten in Aus¬
übung der Regierung nicht durch die Stände, (Adel und Städte) beschränkt wer¬
den. Und da diese nur an ihren eigenen Nutzen dachten, so war es ein Glück, wenn
Fürsten nach Souveränetät strebten, freilich vorausgesetzt, daß sie es nicht aus
bloßer Herrschsucht thaten, sondern in der Absicht so das Wohl des ganzen Volkes
besser zu fördern. Das war beim großen Kurfürsten der Fall. Er hat freilich
manchen Streit mit den Ständen in Brandenburg und Preußen gehabt, auch zu¬
weilen Gewalt gebraucht, ehe er seinen Willen durchsetzte. Indem er die Macht
der Stände brach, erreichte er zugleich, daß die verschiedenen Gebiete, die er be¬
herrschte, mehr und mehr zu einem Staate zusammenschmolzen. Man kann