** I. Zeitr. Von 113 vor Chr. Geb. bisJ68 nach Chr. Geb.
geschützt, aber durch diese langsamen, freundlich scheinenden Fortschritte der Römer
wäre sie beinahe verloren gegangen.
Außer dem Schlosse Aliso waren in den westfälischen Gegen dm nach und
nach mehrere andere Lagerplätze von den Römern angelegt und besetzt. Da
wohnten sie Sommer und Winter, brachten dahin ihre Waaren und verhandelten
sie an die Deutschen. Diese sollten sich an eine feinere, üppigere Lebensweise
gewöhnen, damit sie die römischen Waaren nicht mehr entbehren könnten. Der¬
jenige aber, der einmal mehr nöthig zu haben glaubt, als zu seines Leibes Noth-
durst erforderlich ist, wird bald weichlich und dient lieber als daß er seinem Wohl¬
leben entsagen sollte.
Ferner wollten die Römer den Deutschen auch ihre Sprache und ihre
Gesetze aufdringen, und damit wäre die Unterjochung so gut als vollendet ge¬
wesen. Denn wenn ein Volk die Sprache eines andern angenommen hat, so
denkt es auch bald so, wie das andere; und die römischen Gesetze waren den
Deutschen so ganz widersprechend, daß diese ihre Sitten und Einrichtungen ganz
hätten umkehren müssen, um nach jenen leben zu können.
Am weitesten hatte es ber römische Statthalter Varus schon gebracht, der
gegen das Jahr 9 nach Chr. Geb. in Niederdeutschland den Besehl führte. Er
hielt schon auf römische Weise Gericht , in den deutschen Gauen, ließ das Recht
durch römische Advokaten mit aller Spitzfindigkeit auslegen, und, was die Deutschen
am meisten aufbrachte, er ließ nach römischer Sitte die Beile mit den Ruthen¬
bündeln vor sich hertragen, welche ein Zeichen seines Rechtes über Leben und Tod
und körperliche Züchtigung sein sollten. Eine Züchtigung aber mit Schlägen wäre
dem freien deutschen Manne die entsetzlichste Beschimpfung gewesen, und das Recht
über sein Leben räumte er, wie wir schon wissen, keinem Menschen, sondern allein
der Gottheit durch den Mund der Priester ein. — Dennoch wurde der Unwille
lange Zeit nicht laut und die Gegenden zwischen dem Rheine und der Weser
schienen den Römern so gut wie völlig Unterthan zu sein; Vams wenigstens nahm
dieses für ausgemacht an.
10. Armin. 9 nach Chr. Geb.
Aber so dachte Armin, den wir Hermann zn nennen uns gewöhnt
haben, ein edler deutscher Mattn vom Volke der Cherusker, nicht. Das Joch
eines fremden Volkes, mit fremder Sprache und verdorbenen Sitten, schien ihm
so unerträglich, daß es unter jeder Bedingung und durch jedes Mittel abgeschüttelt
werden müsse. Armin war eines chernskischen Fürsten Sohn, von fürstlicher Ge¬
sinnung, und an Gestalt und Tapferkeit ein wahrer Held. Er war als Knabe
nach Rom gekommen und hatte die Römer mit ihrer Staats- und Kriegskunst,
so wie mit allen ihren Lastern, genau kennen gelernt. Sein Haß gegen das
verdorbene Volk, welches sich anmaßen wollte, freie Menschen zu Knechten zu machen
und dazu mit seinen Lastern anzustecken, wurde unauslöschlich. Er kehrte zu
seinem Volke zurück, begeisterte mit seiner Rede die übrigen Fürsten und Anführer
desselben, und trat an die Spitze des chernskischen Bundes, der sich indeß
gebildet hatte und fast alle westfälischen Völkerschaften umfaßte, um den verhaßten
Feinden den Untergang zu bereiten. Varus merkte in seinem selbstgefälligen Hoch¬
muthe nichts. Um ihn von seinem guten Lagerplatze weg in gefährlichere Ge-