Full text: Kurze Darstellung der deutschen Geschichte

Wallacher und Ungarn sind. Sie theilten sich in Ostgothen und Westgo- 
then. Im 4. Jahrh, war Hermanrich. der über hundert Jahr alt wurde 
und zwei Menschenalter regierte, König eines großen gothischen Reiches. 
14. Die Völkerwanderung. 375 nach Chr. Geb. 
, Die eben genannten deutschen Völkervereine waren mit den Römern fast 
beständig im Kriege, aber nur um einzelne Landstreiche oder um Beute. Das 
römische Reich gänzlich umzustürzen kam ihnen nicht in den Sinn; dazu waren 
sie auch zu schwach; denn dieses Reich war noch sehr groß und stark und würde 
nimmermehr untergegangen sein, wenn es nicht selbst an seinem Verderben gear¬ 
beitet hätte. Aber es ging je länger, je trauriger darin zu. Es waren lauter 
blutige Parteiungen. Bald war der Eine Kaiser, bald der Andere. Die Sol¬ 
daten ermordeten den Einen, weil er ihnen nicht allen Willen ließ, und setzten 
rhrm Lieblingsanführer zum [Kaiser; bald kamen andere und machten es mit 
diesem wieder so. Ost waren auch mehrere Herren des Reichs auf einmal da, 
der eine in Italien, der andere in Gallien, der dritte in (Griechenland und Asien 
rc., und dann zogen sie gegen einander, und Römer gegen Römer mordeten sich 
mit der größten Erbitterung. In Zeit von 120 Jahren, vom Jahre 180 bis 
300 nach Chr. Geb., waren 36 Kaiser im römischen Reiche, wovon 27 er¬ 
mordet, 3 im Kriege umgekommen und nur 6 auf ihrem Bette gestorben sind. 
Wäre es ordentlich zugegangen, so würden in der genannten Zeit 5 bis 6 Kai¬ 
ser regiert haben. 
Traurig sah es in den abhängigen Provinzen des Reiches, wie z. B. im 
jetzigen Frankreich, Spanien, Portugal, England aus. Da saßen Statthalter, 
die einzig in das Land gekommen waren, um es so viel wie irgend möglich 
auszusaugen und sich selbst zu bereichern. Die römischen Unterthanen waren sehr 
gedrückte Menschen und hatten gewiß keine Lust, ihr Blut für die übermüthigen 
Herren zu vergießen. Daher gingen die Provinzen auch verloren, sobald ein 
ernsthafter Angriff auf sie gemacht wurde, unb dazu gaben um das Jahr 375 
die Hunnen, ein wilbes asiatisches Volk, ben ersten Anstoß. 
Sie kamen, burch Kriege aus ihren Wohnsitzen in Asien vertrieben, mit 
Weib unb Kinb unb Heerden bahergezogen unb erschienen um bas besagte Jahr 
an ben Grenzen Europas, ba wo jetzt bas Asowsche Meer, im süblichen Ruß- 
lanb, ist. Es war ein sehr wilbes, ungestümes unb barbarisches Volk vom 
mongolischen Stamme, ber einen großen Theil Asiens bewohnt, gelbe Gesichts¬ 
farbe, kleine Augen, platte Nase, ein breites Gesicht mit sehr starken Backenkno¬ 
chen, plattgebrücktem Kopf, unb also ein häßliches Ansehen hat. Die Hunnen 
machten noch bazu ihren Knaben, gleich nach brr Geburt, tiefe Einschnitte in bie 
Backen unb bas Kinn, bannt burch bie Narben bas Hervorwachsen bes Bartes 
verhinbert würbe; baburch mürben sie noch häßlicher. Das Volk war an ein 
unstetes Herumfchmeifen gewöhnt; bie Weiber unb Kiiiber auf Wagen, bie Man- 
«er zu Pferbc. Auf bett Pferben lebten sie eigentlich; ba aßen unb tranken sie, 
ja sie bereiteten selbst ihre Speise oft auf bettfelbett, inbem sie ein rohes Stück 
Fleisch unter ben Sattel auf bes Pferdes Rücken legten unb so mürbe ritten. 
Auf ben Pferben hielten sie ihre Versammlungen unb rathfchtagtcn über*- wichtige 
Angelegenheiten; da kauften und verkauften sie; da schliefen sie auch oft, den
	        
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