Rom von Deutschen erobert. SS
Kopf auf des Pferdes Hals gelehnt. Dadurch wurde dieses räuberische Volk so
gefährlich für andere, weil es schnell wie ein Sturmwind ankam, alles vor sich
her verheerte, ausplünderte, das Brennbare in Brand steckte und die Menschen
als Sclaven mit sich fortführte; und wenn sich ein stärkerer Haufen zur Gegen¬
wehr sammelte, eben so schnell wieder verschwand.
Bei ihrem ersten Einbrüche in Europa, im Jahre 375, war ihre Anzahl
so ungeheuer und der Schrecken vor ihnen so groß, daß die Völker, auf welche
sie stießen, lieber ihre Wohnsitze verlassen, als den Kampf mit ihnen wagen
wollten. Gerade am äußersten Ende nach Morgen zu wohnten die Ost- und
Westgothen und Alanen, die vielleicht auch zum gothischen Stamme gehör¬
ten. Alle wichen vor den Hunnen zurück und diese freuten sich sehr, so schöne
Weideplätze für ihr Vieh zu finden, als das jetzige südliche Rußland, die Ukraine,
Polen und Ungarn darboten, wo das Gras in manchen Gegenden so hoch
wächst, daß eine ganze Heerde Ochsen sich darin verbergen kann. Sie blieben
in diesen Ländern. Die Ostgothen, die auch nicht gern die schönen Donau¬
gegenden ganz verlassen wollten, wurden ihnen dienstbar, das heißt, sie zahlten
Tribut und mußten versprechen, den Hunnen in allen ihren Kriegen beizustehen;
sie behielten übrigens aber ihre Sprache, ihre Gesetze und ihren eigenen König.
Die Alanen gingen immer weiter an der Donau hinauf nach Abend zu,
vereinigten sich mit andern deutschen Völkerschaften, den Vandalen, Burgun¬
dern, und einem Theil der Sueven, brachen im Anfange des fünften Jahr¬
hunderts nach Christi Geburt in das jetzige Frankreich und Spanien
ein und nahmen den Römern einen großen Theil dieser Länder weg. Es war
eine große Unruhe und Wanderungslust in die Völker gefahren. Das war im
Westen die erste Germanenherrschaft innerhalb des römischen Reiches.
15. Rom zum erstenmale von den Deutschen erobert. 410.
Am schlimmsten erging es aber um diese Zeit den Römern mit den West¬
gothen. Diese waren, als sie vor den Hunnen wichen, über die Donau nach
Mittag zu in die Länder gegangen, welche jetzt die europäische Türkei ausmachen.
Sie geriethen hier in Streit mit dem römischen Kaiser Valens, der seinen Sitz
in Konstantinopel hatte, — es waren damals gewöhnlich mehrere römische Kaiser,
die das ungeheure Reich unter sich getheilt hatten. Valens wagte im Jahre 378
eine Schlacht mit ihnen in der Gegend von Adrianopel. Sie war aber so
unglücklich, daß sein ganzes Heer geschlagen wurde und daß er selbst in einer
Bauernhütte, wohin er sich geflüchtet, verbrannte.
Nun mußte mau den Westgothen, gern oder ungern, Wohnsitze in diesen
Gegenden einräumen. Sie hielten sich auch eine Zeitlang ruhig. Aber im
römischen Reiche selbst war Neid und Zwietracht; der Kaiser Arkadius, der
in Konstantinopel wohnte, war mißgünstig gegen Honorius, welcher Rom und
Italien unter seiner Herrschaft hatte, und um ihm Schaden zuzufügen, reizte er
den westgothischen König Alarich, einen kühnen und unternehmenden Mann,
daß er nach Italien zog, um sich dort und vielleicht in mehreren angrenzenden
Ländern ein eigenes großes Reich zu stiften. Die Westgothen folgten ihrem
tapfern Könige gern; sie drangen in Italien ein und erschienen im Jahre 408
vor den Mauern Roms. Das war eine unerhörte Begebenheit. Seit 800