Karls Reichsverwaltung und Lebensweise. 49
über die Benutzung der Fischteiche und Waldungen, selbst Vorschriften ertheilt
hat, die wir noch in den von ihm hinterlassenen Gesetzen lesen können.
Und doch ist dieses alles nur die Hälfte seiner Thätigkeit; die andere
Hälfte war der Sorge für dir Religion, so wie für Wissenschaften und Künste,
gewidmet. Sie waren seinem Herzen eben so theuer, als die äußere Ordnung
des Ganzen; denn Karl wußte recht wohl, daß, wer ein Volk wahrhaft glücklich
machen will, auch den Verstand der Menschen zu bilden und ihr Gemüth durch
Religion und Unterricht zu veredeln suchen muß. Er hat eine Menge von
Schulen, Kirchen und Bisthümern gestiftet, und unter ant)ernt auch, um die
Feier des Gottesdienstes zu erhöhen, Orgelspieler und Sänger aus Italien kom¬
men lassen und eigene Singschulen angelegt. Die Predigten mußten, zur Er¬
bauung des Volkes, in der vaterländischen Sprache gehalten werden und er sorgte
dafür, daß eine Anzahl guter Predigten aus griechischen Kirchenlehrern ins Frän¬
kische übersetzt wurden.
Die Liebe zu jeder edlen Bildung war tief in Karls Innerrn gegründet.
Er sammelte die unterrichtetsten Männer, sogar aus anderen Völkern, um sich,
wie er denn den gelehrten Angelsachsen Alcuin durch unermüdete Bitten bewog,
sein Vaterland zu verlassen, bei ihm zu leben und eine gelehrte Schule zu Tours
in Frankreich, nach dem Muster der berühmten Schule zu Oxford in England,
anzulegen. Mit diesem Alcuin und andern ausgezeichneten Männern stellte er
wissenschaftliche Untersuchungen aller Art an uud suchte besonders die deutsche
Sprache, welche noch ziemlich roh war, auszuarbeiten. Karl selbst hatte eine
deutsche Grammatik zu entwerfen versucht und für die Monate und Winde Deutsche
Namen ausgedacht.
Unter den Künsten liebte er besonders die Baukunst. Er hat in Aachen
eine prächtige Pfalz (Palast) und dabei eine großartige Kapelle (das heutige
Münster) bauen lassen. Die fremden Fürsten, die mit ihm Bündmß und
Freundschaft hatten, kannten seine Liebe für alles Bewunderungswürdige in der
Kunst, wie in der Natur; daher schickten ihm die Kaiser in Konstantinopel oft
künstliche Werke, die in Griechenland gemacht wurden; und der Kalif von Bag¬
dad, Harun al Raschid, machte ihm unter andern auch eine sehr künstliche Uhr
zum Geschenk, auf welcher sich, durch Wasser getrieben, ein Zeiger bewegte und
die zwölf Stunden anzeigte. Wenn eine Stunde voll war, so fielen, nach der
Zahl derselben, ebenso viele Kügelchen auf ein ehernes Becken und zeigten durch
den Klang die Stunde an, und zu gleicher Zeit traten auch eben so viele Reiter
durch Fenster, welche an der Uhr angebracht waren, hervor. Solch ein künst¬
liches Werk war bei den Franken noch nie gesehen worden. Dazu schickte der
Kalif, als seltene und köstliche Geschenke des Morgenlandes, die feinsten Ge-
würze, prächtige Gewänder, und zu Karls besonderer Freude einen ungeheuren
Elephanten, welcher Ambulabaz (der Verwüster) hieß und durch seine Größe
jedermann in Erstaunen setzte. Als Gegengeschenk gab der Kaiser darauf den
Gesandten schöne spanische Pferde und Maulesel, friesische Mäntel und besonders
große und starke Hunde mit, welche geschickt waren, Löwen und Tiger zu jagen.
Es ist zum Erstaunen, wie der Kaiser Karl, besonders in den ersten drei¬
ßig Jahren feiner Regierung, da er fast immer Krieg zu führen hatte und bald
an dem einen, bald an dem andern Ende feines großen Reiches sein mußte, zu
allen Reichsgefchäften, zur (Sntwerfung so vieler Gesetze, und außerdem zu fernen
Lieblingsbeschäftigungen mit den Künsten und Wissenschaften, die Zeit hat finden