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144 Des deutschen Reiches Verfassung.
liche Eisenbahnverwaltungen müssen den sich auf Benutzung der Eisenbahnen zu
Vertheidigungszwecken beziehenden Anordnungen der Reichsbehörden unweigerlich
folgeleisten.
VIII. Das Post- und Telegraphenwesen werden für das gefammte
Gebiet des deutschen Reiches als einheitliche Staatsverkehrsanstalten eingerichtet
und verwaltet. Die Einnahmen des Post- und Telegraphenwesens sind für das.
ganze Reich gemeinschaftlich. Die Ausgaben werden aus den gemeinschaftlichen
Einnahmen bestritten; die Ueberschüsse fließen in die Reichskasse. Dem Kaiser
gehört die obere Leitung der Post- und Telegraphenverwaltungen an; er stellt auck>
die höchsten Beamten an, die darüber zu wachen haben, daß Einheit in der £)x-
ganisation der Verwaltung und im Betriebe des Dienstes erhalten wird. Dir
Regelung des Postverkehrs mit dem Auslande steht dem Reiche zu. Baient uttf
Würtemberg sind die reglementarischen Festsetzungen und Tarifbestimmungen für
dm internen, sowie den Verkehr mit solchen unmittelbaren Nachbarstaaten, welche
dem Reiche nicht angehören, überlassen.
IX. Marine und Schifffahrt. Die Kriegsmarine ist eine einheitliche
unter dem Oberbefehl des Kaisers, welchem auch die Organisation und Zusammen¬
setzung derselben obliegt. Für den Kaiser, der auch die Offiziere und Beamten
der Marine ernennt, sind die Commandeure und Mannschaften eidlich in Pflicht
zu nehmen. Der Kieler Hafen und Jahdehafen sind Kriegshäfen. Der zur Grün¬
dung und Erhaltung der Flotte und der damit zusammenhängenden Anstalten
erforderliche Aufwand wird aus der Reichskasse bestritten. Die seemännische Be¬
völkerung des Reiches ist vom Dienste im Landheer befreit, dagegen zum Dienste
in der kaiserlichen Marine verpflichtet. Die Kauffahrteischiffe aller Bundesstaaten
bilden eine einheitliche Handelsmarine, die gleich der Kriegsmarine eine schwarz¬
weißrothe Flage führt.
X. Das gestimmte Consulatwesen des deutschen Reiches steht unter der
Aufsicht des Kaisers, welcher die Eonsuln, nach Vernehmung des Ausschusses des
Bundesrathes für Handel und Verkehr, anstellt. Alle Landesconfulate werden auf¬
gehoben, sobald die Organisation der deutschen Eonsulate dergestalt vollendet ist.
daß die Vertretung der Einzelinteressen aller Bundesstaaten als durch die deutschen
Eonsulate gesichert von dem Bundesrathe anerkannt wird.
XI. Reichskriegswesen. Jeder Deutsche ist wehrpflichtig und kann sich
in Ausübung dieser Pflicht nicht vertreten lassen. Die Kosten und Lasten des
gestimmten Kriegswesens des Reiches sind von allen Bundesstaaten gleichmäßig zu
tragen. Jeder wehrfähige Deutsche gehört sieben Jahre lang, vom vollendeten
zwanzigsten bis zum beginnenden achtundzwanzigsten Lebensjahre, dem stehenden
Heere — und zwar die ersten drei Jahre bei den Fahnen, die letzten vier in der
Reserve — und die folgenden fünf Lebensjahre der Landwehr an. Die preußische
Militairgesetzgebung ist in dem ganzen Reiche einzuführen. Nach gleichmäßiger
Durchführung der Kriegsorganisation des deutschen Heeres wird ein umfassendes
Reichsmilitairgesetz dem Reichstage und dem Bundesrathe zur verfassungsmäßigen
Beschlußfassung vorgelegt werden. Die gestimmte Landmacht des Reiches wird ein
einheitliches Heer bilden, welches in Krieg und Frieden unter dem Oberbefehl deß
Kaisers steht und achtzehn Armeecorps zählt. Von diesen kommen vierzehn auf
Preußen, zwei auf Baiern, eins auf Sachsen und eins auf Würtemberg. Jedes
Armeecorps besteht aus Infanterie, Kavallerie, Artillerie, Pionnieren und Train-
Eolonnen. Auch sind besondere Abtheilungen für Krankendienste, sowie für Eisen-