Full text: Grundriß der deutschen und preußischen Geschichte

Des deutschen Reiches Verfassung. 145 
bahn- und Telegraphen-Verwaltung bestimmt. Die Kavallerie umfaßt die leichtere 
(Husaren. Dragoner) und die schwere (Ulanen, Kürassiere) Reiterei. Die Artillerie 
zerfällt in Festungs- und Feldabtheilungen. Die Pionniere bauen Brücken, Minen 
und Schanzen. Die Train-Colonnen versorgen die Truppen mit Proviant und 
Munition. Für die Bekleidung aller deutschen Truppentheile sind die Grundfarben 
und der Schnitt der königl. preußischen Armee maßgebend. Der Kaiser achtet 
bei seinen Inspektionen darauf, daß Uebereinstimmung in der Formation, in Be¬ 
waffnung und Kommando u. s. f. herrscht. Alle deutschen Truppen sind dem 
Kaiser gemäß des Fahneneides unbedingten Gehorsam schuldig. Der Hochst- 
«-ommandierende eines Kontingents, sowie Offiziere, welche Truppen mehr als eines 
Kontingents befehligen, werden vom Kaiser ernannt; die Ernennungen der Generale 
innerhalb eines Kontingents bedürfen der kaiserlichen Bestätigung. — Das Recht, 
Festungen innerhalb des Bundesgebietes anzulegen, steht nur dem Kaiser zu. Die 
vorstehenden Bestimmungen finden mit geringen Modifikationen auch auf Baiern 
und Württemberg Anwendung. 
XII. Reichsfinanzen. Alle Einnahmen und Ausgaben des Reiches müssen 
für jedes Jahr veianschlagt und auf den Reichshaushalts»Etat gebracht werden. 
Letzterer wird vor Beginn des Etatsjahres festgestellt. Zur Bestreitung aller ge¬ 
meinschaftlichen Ausgaben dienen zunächst die etwaigen Überschüsse der Vorjahre, 
sowie die aus den Zöllen, den gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern und aus dem 
Post- und Telegraphenwesen fließenden gemeinschaftlichen Einnahmen. Insoweit 
dieselben durch diese Einnahmen nicht gedeckt werden, sind sie, so lange Reichs 
steuern nicht eingeführt sind, durch Beiträge der einzelnen Bundesstaaten nach 
Maßgabe ihrer Bevölkerung aufzubringen. Die gemeinschaftlichen Ausgaben wer¬ 
den in der Regel für eilt Jahr bewilligt. Ueber die Verwendung aller Einnahmen 
des Reiches ist durch den Reichskanzler dem Bundesrathe und dem Reichstage 
jährlich Rechnung zu legen. Zur Bestreitung außerordentlicher Bedürfnisse kann 
int Weae der Reichsqesetzaebuna die Aufnahme einer Anleihe erfolgen. 
xiii. Schlichtung von Streitigkeiten und Strafbestimmungen. 
Jedes Unternehmen gegen die Sicherheit und die Existenz des Reiches, sowie die 
Beleidigung der Reichsbehörden und Reichsbeamten werden in den einzelnen 
Bundesstaaten beurtheilt und nach Maßgabe der Gesetze, nach welchen ähnliche 
! Vergehen gegen Landesbehörden rc. geahndet werden, bestraft. Streitigkeiten 
zwischen verschiedenen Bundesstaaten werden auf Anrufen des einen Theiles von 
dem Bundesrathe erledigt. Verfassungsstreitigkeiten in solchen Bundesstaaten, in 
deren Verfassung nicht eine Behörde zur Entscheidung solcher Streitigkeiten be¬ 
stimmt ist, hat auf Anrufen eines Theiles der Bnndesrath gütlich auszugleichen 
oder, wenn das nicht gelingt, im Wege der Reichsgesetzgebung zur Erledigung zu 
bringen. . . ^ , 
Verättderuugeu in der Verfassung des Reiches erfolgen im Wege der 
Gesetzgebung. Sie gelten als abgelehnt, wenn sie im Bundesrathe vierzehn Stim¬ 
men gegen sich haben. 
Eick, Deutsche und preuhische Geschichtf. 10 
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