Full text: Grundriß der deutschen und preußischen Geschichte

Von Rudolph von Habsburg bis auf Albrecht II. von Oesterreich. 21 
Papste auf einmal, einer zu A v i g n o n,*) der andere in Rom, die sich gegenseitig 
in den Bann thaten. Diese Spaltung heißt das päpstliche „Schisma". Ver¬ 
gebens versuchten die Cardinäle auf einem nach Pisa entbotenen Conzil (1409) 
das Uebel zu heilen. Die abgesetzten Päpste wichen dem neugewählten Kirchen¬ 
oberhaupte nicht, und so hatte man seit 1409 drei Päpste. Ein allgemeines 
Aergerniß ging durch die abendländische Christenheit und erzeugte den Ruf 
nach einer „Verbesserung der Kirche an Haupt und Gliedern." 
Während aber die einen diese Verbesserung durch Einberufung einer 
allgemeinen, über dem Papste stehenden Kirchenversammlung herbeizuführen 
suchten, drangen die andern auf eine durchgreifende Veränderung der Kirche 
in Glauben und Verfassung. Zu den letztem gehörten besonders die Schüler 
des Professors Wycliffe (Wiklefs) aus Oxford. Dieser merkwürdige Mann 
verwarf das Papstthum als eine unchristliche Einrichtung und eiferte gegen 
Ablaß, Mönchswesen und Heiligenverehrung. Sein hervorragendster Anhänger 
war der Professor Johannes Huß in Prag. Auch er predigte gegen die 
Mißbräuche des Papstthums, gegeu die Reichthümer und irdische Macht der 
Geistlichkeit, gegen Möncherei und Ablaß. Trotz des gegen ihn und seine 
Freunde geschleuderten Bannfluchs wuchs die Zahl seiner Anhänger mit 
jedem Tage. 
Endlich gab Papst Johann XXIII. dem unaufhörlichen Drängen des 
Kaisers (Sigismund) nach und berief nach Costnitz (1414—1418) eine 
Kirchenversammlung, auf welcher alle drei Päpste abgesetzt und ein neuer ge¬ 
wählt wurde (Martin V). Die von allen Seiten geforderte Reformation 
der Kirche kam aber nicht zu Stande. Dagegen hatte die Versammlung gleich 
anfangs eine Prüfung der von der Kirche abweichenden Lehren vorgenommen. 
Wyeliffe's Schriften wurden zum Feuer verdammt und der ebenfalls hierher 
beschiedene Huß zum Widerruf seiner „Irrlehren" aufgefordert, und als er 
dies verweigerte, trotz des ihm vom Kaiser zugestellten Geleitsbriefes verbrannt 6> 
(6. Juli'141 5). Ein Jahr darauf erlitt auch sein Freund Hieronymus Sutt 
von Prag den Flammentod. 1 
Seine hierüber erbitterten Anhänger (Hussiten) begannen hierauf die 
blutigen und schrecklichen Hussitenkriege (1419—1434), siegten unter der 
Anführung des kriegskundigen Ziska über Siegismuud (der nach Wenzels, 
seines Bruders, Tode auch König von Böhmen werden sollte) bei Prag und 
Deutsch-Brod, schlugen auch nach Ziska's Tode (unter Procopius dem 
Großen u. d. Kleinen) die kaiserlichen Truppeu, verwüsteten die benachbarten 
Länder und wurden erst unterworfen, als ihnen das Baseler Conzil den Kelch 
beim Abendmahle gestattete und die wildeste Partei (Taboriten) von den Ge¬ 
mäßigteren (Calixtiner) bei Böhmisch-Brod (1434) besiegt wurde. 
Auch auf dem Baseler Conzil (1431—1449) kam es zu keiner wesent¬ 
lichen Verbesserung; die Kirche verblieb in dem alten Zustande und alle bis¬ 
herigen Mißbräuche bestanden mit geringen Ausnahmen fort. 
Eine zweite folgenreiche That Sigismunds war, daß er Brandenburg, 
das seit dem Tode Karls IV. in die größte Unordnung gerathen war (Jobst 
v. Mähren), dem tapfern, einsichtsvollen Friedrich von Hohenzollern, 
Burggrafen von Nürnberg, verlieh. Dieser hatte den Kaiser in seinen fried- 
*) Stadt im südlichen Frankreich.
	        
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