Full text: Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte

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der berühmteste Fürst aus dem Hause der Merowinger 
sein Enkel Chlodwig. Er war ebenso geschickt, die Streit¬ 
axt mit wilder Kraft zu schwingen, als durch List und 
Verstellung Zwietracht zu säen. In kecker Eroberungslust 
griff er den weströmischen Statthalter an, der noch einen 
Teil Galliens selbständig behauptete, besiegte ihn und ließ 
sich sein Haupt von den Westgoten, zu denen er geflohen 
war, ausliefern. Er nahm hieraus alles Land bis an 
die Loire ein und machte Paris zur Hauptstadt. 
2. Er bekehrt sich zum Christentume. Zu beiden 
Seiten des Rheines, von Mainz bis zum Bodensee, wohnten 
die Alamannen. Sie waren durch ihre Tapferkeit und 
Raublust gefährliche Nachbarn. Chlodwig besiegte sie in 
496 lililí einer Schlacht (bei Zülpich?) und unterwarf sie (496). 
Als anfänglich das Schlachtenglück schwankte, rief Chlodwig: 
„Jesus Christus, den meine Gattin Chlotilde anbetet, 
88. Lhlodwig. hilf mir! meine Götter verlassen mich. Wenn du mir 
Standbild an der beistehst, will ich an dich glauben!" Nach dem Siege be¬ 
grüßte er seine Gattin mit den Worten: „Chlodwig hat 
die Alamannen, Chlotilde aber Chlodwig besiegt!" 
Am Weihnachtsfest ließ er sich in Reims mit 3000 Edlen vom 
Bischof Remigius taufen. Beim Eintritt in die hellerleuchtete und weih¬ 
rauchduftende Kirche fragte er: „Mein Vater, ist dies das versprochene 
Reich?" „Nein," antwortete der Bischof, „aber der Vorhof dazu!" Bei 
der Taufe sprach der Bischof: „Beuge, stolzer Franke, demütig deinen 
Nacken! Bete an, was du verbrannt hast, und verbrenne, was du an¬ 
gebetet hast!" Chlodwig wurde so katholischer Christ. Weil die 
andern deutschen Fürsten Arianer waren, so gab ihm der Papst den 
Beinamen „Allerchristlichster König". Aber sein Gemüt blieb roh, sein 
Wandel heidnisch. 
Kirche zu Cor- 
beil. W. 
500 3. Er erweitert das Reich. Bei Dijon besiegte er (500) die 
Burgunder und machte sie zinsbar. Dazu hatte ihn besonders seine 
Gattin, die Nichte des Burgunderkönigs, aus Rachsucht getrieben. — 
Zu dem Kriege gegen die Westgoten nahm er deren arianisches Be¬ 
kenntnis als Vorwand. Er schlug sie, eroberte das Land bis zur Ga- 
ronne und hätte sie über die Pyrenäen gedrängt, wenn Theoderich nicht 
dazwischen getreten wäre. Dann beseitigte er in treuloser Weise die 
übrigen Fürsten der Franken, erschlug zwei mit eigener Hand, weil der 
eine zu feige wäre und der andere seinem Bruder nicht genug bei¬ 
gestanden hätte, und machte sich so zum Herrn aller Franken. Doch 
nicht lange genoß er die Frucht seiner Frevel; der Tod raffte ihn im 
45. Jahre hinweg. 
4. Er hinterläßt es unwürdigen Nachfolgern. Den auf Blut, 
Thränen, Sündem und Schandthaten aufgebauten Thron teilten feine 
vier Söhne. Sie eroberten auch noch das Reich der Burgunder und 
Thüringer. Namen- und zahllos sind die Greuel der Merowinger. Am
	        
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