Full text: Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte

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Seit dem Herbst 1882 arbeitete sich Prinz Wilhelm unter Leitung 
eines Bismarck und anderer bewährter Staatsmänner mit Fleiß und 
Geschick in alle Zweige der Verwaltung ein. 
4. Als glücklicher Gatte und Vater. Am 27. Februar 1881 1881 
vermählte sich Prinz Wilhelm mit der anmutigen und geistvollen 
Prinzessin Auguste Viktoria Luise von Schleswig-Holstein-Sonder- 
burg-Augustenburg, die nicht nur die Namen von drei edlen preußischen 
Königinnen trägt, sondern auch eine Erbin der besten Frauentugenden, der 
schönste Edelstein in des Kaisers Krone ist. Sie ist am 22. Oktober 1858 
geboren und wurde einfach und fromm auf einem ländlichen Schlosse ihres 
Vaters erzogen. Durch ihre Anmut und Güte gewann sie schon als 
Prinzessin alle Herzen. Als sie zu ihrer Konfirmation fuhr, sah das 
arme Kind eines Webers zu ihr auf und seufzte: „Ach, wenn ich doch 
eine Prinzessin wäre, dann wollte ich wohl für meine armen Eltern 
und Geschwister sorgen!" Der Prinzessin erzählte dies ihr Zeichenlehrer, 
der es gehört hatte. Sogleich ging sie hin in die Hütte der Armen 
und half ihnen aus ihrer Not. Wie vielen hat sie so Gutes erwiesen! 
Und was sie als Prinzessin gelernt, das übt sie nun als Kaiserin. 
Fromm und still waltet sie wie ein guter Geist auf allen Gebieten, wo 
Hilfe not ist. Ein besonderes Herzensanliegen ist es ihr, der Kirchen - 
not in Berlin durch den Bau neuer Kirchen abzuhelfen. Im Wohlthun 
findet sie ihre Lust, in der mütterlichen Sorge für ihre Familie ihr 
Glück. Sechs blühende Prinzen und eine Prinzessin hat sie dem Kaiser 
geboren, und das schönste Heim weiß sie ihm zu bereiten. Als der 
Kronprinz Friedrich Wilhelm am 6. Mai 1882 geboren wurde, da rief 
sein Urgroßvater Kaiser Wilhelm I. voll Freude aus: „Hurra, vier Kaiser!" 
Die kaiserlichen Prinzen werden einfach und streng wie Bürgers¬ 
kinder erzogen. Besonders gern spielen sie Soldaten. Auch die hohen- 
zollernschen Tugenden des Fleißes und der Sparsamkeit üben sie schon. 
So haben sie Kastanien und Eicheln aufgelesen und an die Wildwärter 
verkauft, um aus dem Erlöse ihren Vater mit einem Geburtstags¬ 
geschenke zu erfreuen. 
5. Als thätiger und umsichtiger Regent. Das Jahr 1888 kam 1888 
heran, nahm uns zwei Kaiser und rief den Kronprinzen Wilhelm mit 
29 Jahren auf den Thron Preußens und Deutschlands. 
Am 25. Juni 1888 eröffnete er in feierlicher Pracht, umgeben 
von den Fürsten des Reiches, den deutschen Reichstag. Sein festes, 
würdevolles Auftreten und seine bedeutsame Rede erfüllten alle Herzen 
mit Freude und Zuversicht. Jeder Deutsche sah glücklich und stolz den 
Bestand des Reiches gesichert, das Werk der Einigung vollendet und 
die deutsche Krone im hellsten Glanze erstrahlen. 
Große und schwere Aufgaben hat sich der unermüdliche junge 
Kaiser gesetzt. Den Ruhm und das Glück des Vaterlandes will er 
sichern und mehren, den äußern Frieden erhalten und den innern Frieden 
und eine allgemeine Wohlfahrt schaffen. Durch anstrengende Reisen 
knüpft er das Band der Freundschaft zwischen Fürsten und Völkern fester 
und sichert den europäischen Frieden.
	        
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