Full text: Länder-, Verfassungs- und Kulturgeschichte (Teil 3)

in Rom, sondern in Avignon in Südfrankreich nahm. Die Päpste 
standen darauf 70 Jahre lang unter der Gewalt der französischen 
Könige und ließen sich von diesen auch gegen Deutschland ge¬ 
brauchen. Als sich hier die Gegenkaiser Friedrich von Öster¬ 
reich und Ludwig von Bayern einander bekämpften, hielt der 
Papst es mit Friedrich, und als dieser bei Mühldorf besiegt und 
mit dem Gegner versöhnt war, wollte er Ludwig doch nicht eher 
als Kaiser anerkennen, als bis er von ihm die Bestätigung der 
Wahl nachgesucht habe. Er tat ihn und seinen Sohn, den Mark¬ 
grafen Ludwig von Brandenburg, in den Bann. Damals er¬ 
klärten die deutschen Fürsten und freien Städte auf dem Reichs¬ 
tage zu Frankfurt a. M.: „Die Kaiserwürde kommt von Gott, 
und der von der Mehrheit der Wahlfürsten gewählte König bedarf 
der Bestätigung des Papstes nicht". Die Zeiten hatten sich ge¬ 
ändert, das Ansehen der Päpste war gesunken. In der Mark 
Brandenburg herrschte große Empörung, als infolge jenes gegen 
den Markgrafen Ludwig geschleuderten Bannstrahls räuberische 
Polen und Litauer einsielen und das Land verwüsteten. Die 
Berliner erschlugen damals den Probst Nikolaus von Bernau, 
weil er jenen Einfall der wilden Horden mitveranlaßt haben sollte. 
Abfall der Böhmen vom Papste. Bald aber sollte die Zeit 
kommen, wo man nicht nur Mißbräuche in der Verwaltung der 
Kirche tadelte, sondern auch manche ihrer Lehren als irrige an¬ 
griff, weil sie in der heiligen Schrift nicht begründet seien. Schon 
früher waren die Albigenser und Waldenser von der Lehre der 
katholischen Kirche abgefallen und daher blutig verfolgt worden. 
Nun aber, um die Wende des fünfzehnten Jahrhunderts, ging 
eine neue „ketzerische" Bewegung von England aus; die Lehre 
Wiclefs kam nach Prag und wurde hier von Johannes Huß auf¬ 
genommen und verbreitet. Dieser verwarf nicht allein Lehren 
der Kirche, sondern die päpstliche Herrschaft' selbst als in der Bibel 
nicht begründet. Das geschah zu derselben Zeit, als das Papsttum 
gespalten war, als drei Päpste sich bitter bekämpften. Kaiser 
Sigismund trat als Schutzherr der Kirche auf, berief ein Konzil 
nach Kostnitz, beseitigte die Spaltung und gab zu, daß Johannes 
Huß als Ketzer verbrannt wurde, obgleich er ihm freies Geleite 
zugesichert hatte. So schien das Feuer gedämpft, das den Bau 
des Papsttums zu zerstören drohte; aber in den Hussitenkriegen 
loderte die Flamme mächtig empor und äscherte Städte und
	        
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