Full text: Von Armin bis zum Augsburger Religionsfrieden (Teil 1)

Ginleitung 
Einige Zeit- und Streitsragen ans der Methodik des 
Geschichtsunterrichts. 
Die Geschichte ist hinsichtlich ihres pädagogischen Wertes bis in die 
Neuzeit herein fast gänzlich verkannt worden. Von ihrer Nützlichkeit und 
von ihrer Notwendigkeit für die sittlich-religiöse Charakterbildung hat man 
sich erst in der jüngsten Vergangenheit allmählich überzeugt. Die Zeit, 
da man die Geschichte, „die Lehrerin der Menschheit," als Aschenbrödel 
betrachtete und sie „nur in Verbindung mit den Natnrkenntnissen und 
nur auszugsweise" behandelte, liegt zwar hinter uns; aber noch sind die 
Spuren derselben nicht gänzlich geschwunden. Wohl hat sich die Geschichte 
in deu letztverflossenen Jahrzehnten zu einer selbstständigen Stellung 
emporgerungen; aber noch ist es nicht gelungen, sie aus der unnatürlichen 
Verbindung, in die man sie gebracht, zu lösen. Noch heute zählt man 
sie zu den Realien, ein Zeichen, daß auch gegenwärtig ihr hoher Bildungs- 
wert noch nicht allerwärts die gebührende Berücksichtigung und An- 
erkennung sindet. 
Unnatürlich, sagen wir, ist die eben angedeutete Verquickung; denn 
jene — die Realien — haben es mit der uns umgebenden, äußeren Welt 
zu thun, während diese — die Geschichte uns bekannt macht mit der uns 
umgebenden geistigen Welt. Sie erklärt uns, wie die Gegenwart aus der 
Vergangenheit geworden ist, beschäftigt sich also nicht nur mit äußeren 
Schicksalen und Ereignissen der Menschen und Völker, sondern lehrt auch 
die EntWickelung des gesamten religiösen, geistigen, sozialen und Wirtschaft- 
lichen Lebens nach allen Richtungen hin erkennen und verstehen. 
Daß dieses naturwidrige Verhältnis, in welches die Geschichte gedrängt 
worden ist, für dieselbe von größtem Nachteil sein mußte, läßt sich nicht 
wegleugnen. Eben weil man jeher gewöhnt war, die Geschichte den „ge- 
meinnützigen und nötigen Dingen" zuzuzählen, war man der Ansicht, der 
Geschichtsunterricht müsse vor allen Dingen auf eine möglichste vollständige 
Darstellung aller Ereignisse nicht nur des eigenen Volkes, sondern sämtlicher 
bekannter Kulturvölker bedacht nehmen. Encyklopädistische Voll- 
ständigkeit des Wissens war also jederzeit der Hauptzweck des ge- 
schichtlichen Unterrichts. Leben und Thaten aller nur bekannten und in 
der Geschichte bedeutsamen Völker wurden den Kindern vorgeführt und
	        
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