Full text: Geschichte der Griechen für Gymnasien und Realschulen

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Lurus in Athen Überhand nahmen, zum Unendlichen heran. 
Zwar milderte Solon ihr trauriges Loos durch Gesetze, welche 
sie gegen grausame Behandlung und willkürliche Ermordung 
sicher stellte; dennoch bleibt es eine niederschlagende Bemerkung, 
daß auch die so gepriesene Freiheit des ersten Staates des m- 
terthumes auf der Sklaverei einer ganzen Menschenklasse be¬ 
ruhete. Eben diese Sklaverei war hier, wie überall, wo sie 
herrschte, eine Hauptursache der drückendsten Armuth eines Thei- 
les der Bevölkerung und des fortwährenden Ingrimmes der 
Armen gegen die Reichen. In Staaten, in welchen keine Skla¬ 
verei herrscht, fließt der Neichthum durch tausend Kanäle be¬ 
fruchtend von oben nach unten. Der Reiche belebt und ermun¬ 
tert die Gewerbthätigkeit der niederen Klassen, beschäftiget den 
Müßigen, hilft dem Ärmeren empor, und vornehme und niedere 
Bürger stehen so in vielfacher Verbindung mit einander. Wo 
aber Sklaverei herrscht, ist das Band zwischen dem vornehmen 
und niederen Bürger wie abgeschnitten. Der Vornehme ver- 
langt nicht für Geld des Armen Dienstleistungen, da er seine 
Sklaven hat; und der Arme haßt den Vornehmen, der von 
den Segnungen seines Reichthums ihm nichts zufließen läßt. 
Daher waltete auch in den alten Staaten ein ewiger Kampf 
zwischen dem Neide der Armen und der Furcht der Reichen ob 
und führte oft gewaltsame Erschütterungen herbei. 
Von den Gesetzen des Solon im Einzelnen haben wir 
nur mangelhafte Kunde. Er erhob durch Anordnung der Te- 
stamente das Vermögen der Bürger zu einem wahren Eigen- 
thume, verpflichtete jeden Bürger vom achtzehnten bis zum vier- 
zigsten Jahre im Felde zu dienen und bis zum achtundfünfzigsten 
daheim das Vaterland zu schützen; für die Kinder der gefalle¬ 
nen Krieger sorgte der Staat. Bei öffentlichen Aufständen ver¬ 
langte er Theilnahme jedes Bürgers an einer Partei, um so 
eine Vermittelung durch die Besseren herbeizuführen. Müßig¬ 
gänger konnten gerichtlich belangt und bestraft werden; der Sohn 
war bloß dann verbunden, seinen alten schwachen Vater zu er¬ 
nähren, wenn ihn dieser eine Kunst oder ein Gewerbe hatte 
lernen lassen. Verschwender durften weder in den Volksver¬ 
sammlungen erscheinen, noch obrigkeitliche Ämter bekleiden. Auch 
war ihnen das Recht genommen, ihr eigenes Vermögen zu ver-
	        
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