Full text: Zeit- und Lebensbilder aus der deutschen und preußischen Geschichte

— 23 — 
land war als das „römische Reich deutscher Nation" das mächtigste Reich 
in Europa geworden. Seitdem wurden die Römerzüge gebräuchlich, denn 
die unruhigen Italiener empörten sich unaufhörlich gegen die kaiserliche 
Lehnsoberhoheit. Viele Deutsche mußten auf diesen Zügen ihr Leben lassen, 
ohne daß Deutschland viel gewann. 
Beinrich IV, (1056—1106). 
1. Seine Jugendzeit. Als die Kaiser aus dem sächsischen Hause 1024 
ausgestorben waren, wählten die deutschen Herzöge den fränkischen Grafen 
Konrad zum Kaiser. Sein Nachfolger war Heinrich III. Als dieser kraft¬ 
volle Kaiser frühzeitig starb, war sein Sohn Heinrich IV. erst sechs Jahre alt. 
Zuerst führte die Mutter des Knaben die Vormundschaft. Dann aber raubte 
der herrschsüchtige Erzbischof Hanno von Köln den jungen König, um die 
Vormundschaft führen zu können. Diesem aber entführte der Bischof Adalbert 
von Bremen den jungen König. Er ließ ihm sehr viel Willen und hetzte ihn 
besonders gegen die Sachsen auf. Als Heinrich IV. mündig geworden war, 
geriet er auch bald mit den Sachsen in einen erbitterten Kampf. Die Sachsen 
verloren schließlich und wurden von Heinrich mit Steuern (Fronen) und 
Strafen arg bedrückt. In ihrer Bedrängnis wandten sie sich an den Papst 
Gregor den Siebenten um Hilfe. 
2. Gregor VII. wollte die päpstliche Macht über die weltliche erheben, 
darum lehrte er: Der Papst als Sonne ist der Statthalter Christi auf Erden; 
alle Fürsten der Erde, selbst der Kaiser, der Mond, haben ihre Länder nur 
als Lehn vom Papste. Früher aber war es anders. Otto der Große und 
Heinrichs des Vierten Vater setzten Päpste' ein und ab und behandelten 
diese wie Untergebene; viele Päpste hatten auch die Kaiser um Hilfe an¬ 
gerufen, so- z. B. Karl den Großen und Otto den Ersten. Gregor VII. 
aber entzog dem Kaiser allen Einfluß auf die Papstwahl, indem er bestimmte, 
daß nur die sieben Kardinäle Roms den neuen Papst zu küren hätten. Er 
führte die Ehelosigkeit der Priester ein und verbot, daß Bischöfe und Äbte von 
weltlichen Fürsten oder Laien belehnt und eingesetzt würden. Endlich 
untersagte er, daß Geistliche, insbesondere Bischöfe, die zugleich weltliche 
Lehen erhielten, für diese den Fürsten und Kaisern eine Belehnungsabgabe 
zahlten, die man Simonie nannte, um sie verächtlich zu machen. So löste 
er die gesamte Geistlichkeit von aller Verbindung mit der Welt und kettete 
sie fest an das Papsttum. 
3. Der Gang nach Kanossa, 1077. Dem Papste Gregor dem Siebenten 
war es recht willkommen, daß sich die Sachsen an ihn um Hilfe wandten. 
Schon wegen der Belehnung der geistlichen Fürsten mit Ring und Stab war 
er mit Heinrich dem Vierten in Streit geraten. Heinrich ließ zwar auf 
einer Versammlung der deutschen Bischöfe den Papst absetzen; aber Gregor 
tat den König in den Bann. Hiermit war der König ans der Kirche aus¬ 
geschlossen, und seine Untertanen brauchten ihm auch den Treueid nicht mehr 
zu halten. Die deutschen Fürsten verließen ihren König, um die Königs¬ 
gewalt schwächen und ihre eigne Selbständigkeit stärken zu können. Um 
ihren Bund mit den: Papste zu sprengen, war Heinrich gezwungen, selbst 
nach Italien zu reisen und sich vom Banne lösen zu lassen. Mitten im
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.