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an der Spitze meiner Truppen zu sterben, so übergebe ich Ew. Majestät meinen
Degen." Wilhelm aber telegraphierte an seine Gemahlin: „Welch eine Wen¬
dung durch Gottes Fügung!" Mit Napoleon gab sich am 2. September ein
Heer von über 80 000 Mann gefangen. Die Gefangenen wurden nach Deutsch¬
land abgeführt, Napoleon kam nach Wilhelmshöhe bei Kassel. Ganz Deutsch¬
land jubelte laut auf, denn es glaubte, daß nun das Ende des Krieges
gekommen sei; aber darin hatte es sich getäuscht. Die Franzosen setzten
Napoleon ab, Vertrieben die Kaiserin Eugenie, machten aus dem Kaiserreiche
eine Republik und schwuren, keinen Fuß breit Landes und keinen Stein einer
Festung abzutreten. Sofort gingen sie daran, neue Heere aufzustellen.
5. Der Krieg gegen die Republik. Von Sedan aus zogen die Deutschen
vor Paris und schlossen es ein. Nur durch Brieftauben oder Luftballons konnten
die Pariser erfahren, was in Frankreich geschah, welche Siege die Deutschen
errangen. Straßburg, das durch die Beschießung
stark gelitten hatte, mußte sich zuerst ergeben..
Hieraus sah sich das ausgehungerte Metz ge¬
zwungen, seine Tore zu öffnen. Wiederum
geriet ein großes französisches Heer in deutsche
Gefangenschaft; eine ungeheure Beute an Ge-"
schützen, Wagen, Pferden und Kriegsvorräten
fiel den Siegern in die Hände. In Eil¬
märschen zog Prinz Friedrich Karl mit seinem
Heere nach Westen, denn die Franzosen hatten
neue Heere gebildet und suchten damit Paris
zu entsetzen. Doch gelang ihnen das-
nicht, denn die Loirearmee wurde nach manchen Kämpfen nach Süden
zurückgedrängt und die nördliche Armee in mehreren Schlachten siegreich
zurückgeschlagen, ehe sie in die Nähe von Paris gekommen waren. Da
bildete man wieder ein neues Heer, das in Elsaß einfallen, die von
den Deutschen belagerte Festung Belfort entsetzen und dann ins südwestliche
Deutschland einrücken sollte, um daselbst die Kriegsgefangenen zu befreien.
Trotz ihrer großen Übermacht ward diese Armee bei Belfort Mitte Januar
besiegt und mußte, um nicht in die Hände der Deutschen zu fallen, nach
der Schweiz flüchten, wo ihr sofort die Waffen abgenommen wurden. Hierauf
ergab sich Belfort. Frankreichs Streitmacht war vernichtet. Am längsten
widerstand Paris noch. Ein Heer von 400000 Mann, an dessen Spitze
Trochu stand, verteidigte es; nicht bloß eine starke Mauer, sondern auch
viele kleine Festungen oder Forts beschützten es. Häufig suchten die Franzosen
durch heftige Ausfälle den zwölf Stunden langen eisernen Ring des deutschen
Heeres zu zersprengen, aber es gelang ihnen nicht. So hatten die Sachsen
Anfang Dezember 1870 sehr gefährliche Ausfälle bei Brie und Champigny
auszuhalten und zurückzuwerfen, wobei sich ihre Tapferkeit aufs neue be¬
währte. Trotzdem wollte sich Paris noch nicht ergeben. Standhaft ertrugen
die deutschen Truppen die harten Entbehrungen der Belagerung, geduldig
hielten sie trotz der eisigen Kälte die Feldwacht. Da zog endlich die
Hungersnot in Paris ein und wütete schrecklich. Man verzehrte Hunde
und Katzen, Krähen, Ratten und Mäuse. Ein Hund galt z. B. gegen
drei Mark, eine Krähe gegen zwei Mark, eine fette Ratte gegen 1,20 Mark,.
Fürst Bismarck.