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schnur der Lehre. Als die deutschen Lehrer der Universität eine
Verdammung dieser Grundsätze durchsetzten, und darauf die Rechte der
Deutschen von den Böhmen verkürzt wurden, brach zwischen den Deutschen
und Böhmen auf der Universität ein heftiger Zwiespalt aus, der damit
endete, daß viele deutsche Studenten mit ihren Lehrern auswanderten
und zur Gründung der Universität Leipzig Veranlassung gaben. 1409
Dem Hus wurde das Predigen untersagt und endlich der Bann über
ihn ausgesprochen.
2. Der verurteilte Ketzer in Konstanz. Die Verwirrung in der
Kirche hatte inzwischen den höchsten Grad erreicht; denn drei Päpste
verketzerten sich gegenseitig. Immer lauter erhob sich der Wunsch
nach einer Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern.
Endlich kam ein freies Konzil in Konstanz am Bodensee zustande, zu 1414
dem Hunderte von Fürsten, Tausende von Geistlichen und ungezählte
Scharen Neugieriger strömten. Auch Papst Johann kam mit 600 An¬
hängern aus Italien. Auf der Reise durch die Schweiz stürzte er mit
dem Pferde und rief zum Entsetzen der Umstehenden: „Da lieg' ich
ins Teufels Namen; wäre ich doch in Italien geblieben!" Konstanz
verglich er mit einer Grube, in der man Füchse fängt. Das Konzil
forderte zunächst die Abdankung der drei Päpste. Johann entfloh in
.Ritterkleidung und legte Verwahrung ein gegen seine Abdankung. Er
wurde aber zurückgeholt und wegen grober Verbrechen schimpflich ab-
gesetzt. Sodann ging das Konzil an die Ausrottung der Ketzerei.
Hus war im Vertrauen auf einen Geleitsbrief des Kaisers Sigismund
nach Konstanz gekommen. Doch schon nach einigen Wochen brachten ihn
die Väter des Konzils zur Haft. Den Kaiser beschwichtigten sie damit,
daß sein Schutzbrief sich nicht auf die geistliche Gerichtsbarkeit und
einen verurteilten Ketzer erstrecke. Bei Hus' Verhör erhob sich ein solch
Geschrei, daß er nicht zu Worte kommen konnte. Erst die Gegenwart
des Kaisers schaffte etwas Ruhe. Hus verteidigte seine Lehre aus der
Bibel und den Kirchenvätern. Seine Richter aber ließen sich auf keine
Disputation^) ein, sondern forderten einfach Unterwerfung; dann
sollte seine Strafe mild und gnädig fein. Als er dies verweigerte,
wurde er zum Feuertode verurteilt. Da er an das kaiserliche Geleit
erinnerte und dabei Sigismund fest ansah, errötete dieser, aber retten
konnte und wollte er den „kirchlichen Umstürzler" nicht mehr.
*) Die Disputation = gelehrtes Streitgespräch.
3. Der standhafte Märtyrer auf dem Scheiterhaufen. An
seinem Geburtstage, dem 6. Jnli 1415, wurde das Urteil an Hus 1415
vollstreckt. Im Dom ward er seines Priesteramtes entsetzt, aus der
Kirche ausgestoßen und der weltlichen Obrigkeit übergeben. Als man
ihm den Kelch aus der Hand riß mit den Worten: „Wir nehmen dir
diesen Kelch, worin das Blut Christi dargebracht wird!" sagte er mild:
„Er wird den Kelch des Heils nicht von mir nehmen, sondern mir
ihn heute neu zu trinken geben in seinem Reich." Als man rief:
"Wir übergeben deinen Leib dem weltlichen Richter!" sprach er: „Ich