Full text: Leitfaden der brandenburgisch-preussischen und deutschen Geschichte

Nachdem nämlich das Christenthum Staatsreligion geworden 
war und sich sittliche Verderbnis unter ihren Gliedern eingestellt hatte, 
zogen sich einzelne fromme Christen in die Einsamkeit zurück (Ein¬ 
siedler). Bald indeß schaarten sich dergleichen Einsiedler zusammen 
und bauten sich ein gemeinschaftliches Gebäude, in welchem sie nach 
bestimmten Regeln lebten. Solche Gebäude nannte man Klöster 
und ihre Insassen Mönche. Die Begeisterung für diese Lebensweise 
griff sehr bald um sich, und selbst Frauen folgten dem Beispiel. So 
entstanden die Frauen- oder Nonnenklöster. Ursprünglich war den 
Mönchen und Nonnen nur Beten, Fasten und Arbeiten zur Pflicht 
gemacht; im 11. Jahrhundert indeß bildeten sich auch Mönchsorden, 
die das Gelübde der Armuth ablegen mußten (Franziskaner, Domini¬ 
kaner, Augustiner u. a.). Alle indeß waren zum unbedingten Gehor¬ 
sam gegen ihre Oberen, und diese wiederum gegen den Pabst ver¬ 
pflichtet. 
Besonders gehoben wurde das Ansehen und die Macht der Päbste 
ferner noch durch die Kreuzzüge, indem durch dieselben die weltliche 
Macht geschwächt und die Kirche außerordentlich bereichert wurde. 
Trotzdem und obwohl die Kreuzzüge fast 6 Millionen Menschenleben kosteten, 
waren sie für die europäischen Völker und Staaten von unendlichem 
Segen. Sie erweiterten die Fürstenmacht durch Entfernung unruhiger 
Vasallen und durch Erledigung mancher^ Lehen. Sie erschlossen den 
Europäern den Orient, erleichterten den Deehandel, hoben die Industrie 
und begünstigten durch Bereicherung der Städte die Bildung eines 
freien Bürgerstandes, sowie die Hebung des Bauernstandes. Beson¬ 
ders aber brachten sie das Ritterthum auf die höchste Stufe der Ent¬ 
wickelung. Im Dienste Gottes und Jesu Christi wurde das (Schwert 
geweiht nnd geadelt; durch die Züge nach dem wunderreichen Orient 
der Gesichtskreis der Ritter erweitert, ihre Einbildungskraft belebt; 
sie empfingen einen edleren Sinn und Geist nnd strebten nach höheren 
und reineren Zielen. Besonders geschah dies durch die Stiftung der 
Ritterorden, die mit den Pflichten des Ritters die Gelübde des 
Mönches, Armuth, Keuschheit und Gehorsam verbanden und die Pilger 
zu schützen und zu pflegen versprachen. Es wurden drei solcher 
Ritterorden gestiftet 
1. der Johanniter-Orden 1048 (schwarzer Mantel mit weißem 
Kreuz), 
2. der Tempelherrn - Orden 1118 (weißer Mantel mit rothem 
Kreuz) und 
3. der deutsche Orden 1190 (weißer Mantel mit schwarzem Kreuz). 
Auch die Künste standen besonders unter den Hohenstaufen in 
großer Blüthe; sie erreichten ihren Höhepunkt in der gothischen Bau¬ 
kunst (Dom zu Cöln, Minister zu Straßburg rc.) und in der Dicht- 
timst. Letztere wurde als Volkspoesie (Nibelungenlied, Gudrun) von 
fahrenden Sängern, als Kunstpoesie vom Adel geübt (Wolfram von 
Eschenbach, Gottfried von Straßburg, Hartmann von der Aue rc.) 
die lyrische Poesie (Minnesang) wurde ebenfalls vou Rittern gepflegt 
(Walther von der Vogelweide). 
Der in dieser Periode gesteigerte Handelsverkehr hatte unter der 
Unsicherheit der Verkehrsstraßen außerordentlich zu leiden. Zu Lande 
lauerten die Raubritter den Kaufleuten auf, und ans dem Meere 
wimmelte es von Seeräubern. Deshalb verbanden sich zunächst die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.