Full text: [Kursus 3] ([Kursus 3.])

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über die Vorzüge ihrer Gatten in einen unglückseligen Streit, der 
sich dann über den Vortritt beim Kirchengang erneuerte. Bei dieser 
Gelegenheit verriet die erzürnte Kriemhild der Brunhild, daß 
sie nicht von Günther, sondern von Siegfried besiegt worden sei. 
Voll Wut über diesen Spott und diesen Betrug sann Brunhild auf 
die furchtbarste Rache. Sie grämte sich, klagte uud jammerte. So 
fand sie der Recken Hagen und erfuhr von ihr noch genauer den 
Grund des Leides. Hagen wußte seine Herrin beleidigt, beleidigt von 
einem Manne, dem er von nun an nach dem Leben trachtete. 
Unter dem Vorwande, Siegfried auf einer bevorstehenden Heer¬ 
fahrt gegen deu Feind zu schützen, entlockte Hagen der arglosen 
Kriemhild das Geheimnis 'der einzigen verwundbaren Stelle ihres 
Gatten zwischen den Schulteru. Die zärtliche Frau ließ sich bethören 
und nähte sogar mit eigener Hand ein rotes Krenzchen über das 
Plätzchen in Siegfrieds Kleid. Statt der Heerfahrt wurde nun eine 
große Bären- uud Eberjagd im Walde zwischen Worms und der 
Bergstraße gehalten. Als Siegfried recht durstig sich nach einer Quelle 
bückte, stieß ihm der Mörder Hagen eine Lanze an dem roten 
Krenzchen in den Rücken. „D ihr feigen Mörder," rief der sterbende 
Held, „diese That wird euch ewige Schande bringen!" 
Man hob die Leiche auf und trug sie auf einem Schilde 
zurück. Der grimme Hagen rühmte sich öffentlich der That und ließ 
den Ermordeten in der Nacht vor Kriemhildens Thürschwelle legen. 
Kriemhilde, an ihrem Liebsten und Heiligsten so furchtbar gekränkt, 
sann auf blutige Rache. Zur Versöhnung der Schwester ließen die 
Brüder den Nibelungenhort nach Worms bringen. Der mi߬ 
trauische Hagen aber versenkte ihn in den Rhein, um Kriemhild die 
Mittel zur Rache zu verkleinern. 
Noch über zwölf Jahre blieb Kriemhild in Worms. Während 
dieser Zeit hegte sie in ihrem Herzen immer und immer den Gedanken 
der Rache, ohne daß sie Gelegenheit fand, denselben auszuführen. 
Da ließ der Hunnenkönig Etzel durch den Markgrafen Rüdiger 
von Bechlaru um ihre Hand werben. Kriemhilde widerstrebte lange. 
„Weinen gezieme ihr," sagte sie, „und anderes nicht." Erst als 
Rüdiger heimlich mit ihr sprach und ihr schwur mit all seinen 
Mannen, jedes Leid, das ihr widerfahren, zu rächen, hoffte sie noch 
Rache für Siegfrieds Tod und reichte ihre Hand dar. Ihr Weg
	        
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