Full text: Griechische Heldensagen für die Jugend

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selige Jungfrau mit mehreren ihrer lieben Gespielinnen 
an das Meeresgestade hinausgegangen, um dort auf 
den frisch grünenden Wiesen duftige Blumen zu 
Pflücken und sich au dem Spiele der klaren Wellen 
zu ergötzen, die mit sanftem Plätschern über die glatten 
Kiesel am Ufer rollten. 
Schon hatten die fröhlichen Mädchen volle Sträuße 
von Hyacinthen uud Veilchen, von Narcissen und 
Rosen eingesammelt und sich eben auf einem Rasen¬ 
hügel niedergesetzt, um die bunte Älütenpracht in 
zierliche Kränze zu flechten: da wurden sie plötzlich 
durch eine unerwartete Erscheinung aus ihrem sorg¬ 
losen Geplauder aufgeschreckt. Ein Stier, der sich, 
wie es schien, von einer in der Ferne weidenden 
Rinderherde verirrt hatte, kam über die blumige Au 
gerade auf die kranzwindenden Jungfrauen zugeschritten. 
Es war ein wunderschönes Tier von schneeweißer 
Farbe; prachtvolle Hörner, so durchsichtig wie klare 
Juwelen, krümmten sich ihm über der breitgewölbten 
Stirn. Und weil seine Angen so fromm blickten und 
seine Haltung so sanft und friedlich war, als sei er 
seit lange gewohnt, sich dem Willen des Menschen zu 
fügen, so schwand bald die anfängliche Furcht der 
Mädchen: sie traten dem Stier näher und näher, 
tanzten um ihn her und streichelten ihn, Europa 
legte ihm den frischen Blumenkranz, den sie geflochten, 
um das schöngeformte Gehörn. Dieser Schmuck schien 
dem Stier sehr zu gefallen: mit schmeichelndem Brüllen 
streckte er sich vor der Jungfrau nieder und sah, den
	        
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