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der Mäuseturm. Er wurde erst nach dem Tode Hattos II., wahr¬
scheinlich vom Erzbischof Willigis, erbaut und -war an der stelle wo
der Rhein eine starke Wendung von Westen nach Norden macht und
gleichzeitig sich um die Hälfte seiner bisherigen Breite verengert, ,o
daß dort seine Bewachung leicht war. Jetzt ist der Turm .Wahrschau-
Station' für die Rheinschiffe.
11. Die bischöfliche Stadt Main;.
1. War die Stadt Mainz zur Zeit der karolingischen und
ottouischeu Herrscher eine königliche Stadt und als solche wiederholt
wichtiger Stützpunkt im Kampfe der Könige gewesen, so ttat unter der
Regierung des Erzbischofs Willigis hierin eine wesentliche Änderung
ein' Wie weit die Rechte der Mainzer Erzbischöfe gmgen, ist am besten
aus den Vorrechten zu erkennen, die der Kaiser Otto II. tm ^sahre
979 der Stadt Worms verlieh. Hierbei nimmt er ausdrücklich auf
das Beispiel von Mainz Bezug. .Gleichwie der Erzbrschof von
Mainz soll von jetzt ab der Bischof von Worms Zolle und Bann¬
reckte besitzen und keine andere Gerichtsperson tu der Stadt Gewalt
haben als der Bischof oder sein Vogt.' Vier Jahre vorher hatte
derselbe Kaiser unter Hinweis auf die früheren Vorrechte der Kirche
zu Mainz dem Erzbischof Willigis alle Abteien und Kirchen, Münze
und Zölle, sowie die Gerichtsbarkeit seines Vogtes über die Un¬
gehörigen der Kirche mit Ausschließung aller andern Gerichte zuer¬
kannt? Dieselben Rechte erneuerte Kaiser Heinrich II dem Bischof
Willigis „sowohl bezüglich aller übrigen Rechte, als auch darin daß
die Angehörigen der Kirche jedes Standes allein von dem Erzbischöfe
oder seinem Vogte sollen mit gerichtlichen Klagen, Zöllen und an¬
dern Leistungen angegangen werden". — Trotzdem der Kaiser den
Erzbischöfen wiederholt die oberste Gerichtsbarkeit verlieh, übten sie
dieselbe doch niemals in eigener Person aus; dies geschah viel¬
mehr von dem Burggrafen. Der Burggraf von Mainz gehörte
dem freien Herrenstande an; er war dem Erzbischöfe als Stadt-
graf untergeben und als Lehensmann zur Treue verpflichtet, des¬
halb konnte der Burggraf nach dem Lehensrechte wegen etwaiger
Vergehen gegen den Erzbischof zur Rechenschaft gezogen werden; die
Gerichtsbarkeit dagegen übte er im Namen des Königs, der ihm den
Bann, „das ist die Rache mit dem Schwerte", verlieh. Diese Gerichts¬
barkeit des Burggrafen stand jedoch keineswegs im Widersprüche zu
den ihm vom Erzbischöfe verliehenen Rechten. Letzterer besaß nach
rote vor die Gerichtshoheit; aber es war Rechtsgrundsatz, daß ein
geistlicher Fürst, obschon er die oberste Gerichtsbarkeit besaß, doch
feinern Richter nicht den Blutbann verleihen dürfe, sondern daß er
„solche Verleihung beim Könige nachsuchen, weil eine geistliche Person
kein Blut vergießen solle". Mit diesen weitgehenden Rechten des
Mainzer Erzbischofs war seit der Zeit Ottos I. regelmäßig auch das