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Diese und die früher gestifteten Klöster wurden teils unter der Re¬
gierung des letzten Kurfürsten, teils zur Zeit der ftctuzösischen Herr¬
schaft aufgehoben.
18. Die freie Stadt Main;.
1244.
1. Im elften und zwölften Jahrhundert war der höchstgestellte
Beamte der Stadt Mainz immer noch der Stadt- oder Burggraf; er
hatte das oberste Richteramt. In der Regel war die Schirmvogtei der
Kirche von Mainz mit dem Amte verbunden. In des Grafen Abwesenheit
führte der Schultheiß den Vorsitz im Stadtgerichte, weshalb er auch als
„Unterrichter des Grafen" bezeichnet wird. Die Polizeigewalt wurde von
dem Waltpoden oder Walpoden, d.i. Gewaltboten ausgeübt. Er
hatte etwa dieselben Rechte und Pflichten wie heutzutage die städtischen
Polizeikommiffäre. Der Vertreter des Erzbischofs in dessen Beziehungen
zur Stadt war der Stadtkämmerer. Schon zur Zeit des Erzbischofs
Willigis bestand das Stadtkämmereramt. Der Kämmerer war an¬
fangs ein Geistlicher; später wechselte das Amt zwischen Geistlichen
und Laien, Domherrn und Bürgern. Als erzbischöflicher Beamter ist
noch der Münzmeister zu erwähnen. Seit Willigis wurden in Mainz
erzbischöfliche Münzen geschlagen, zuerst mit dem Bilde oder Namen
des Kaisers und des Erzbischofs, später allein mit Bild und Namen
des Erzbischofs. — Außer diesen bischöflichen Beamten bestanden zu
jener Zeit die Offizialen; sie waren die Amtleute des Erzbischofs
für die Stadtverwaltung und standen dem Kämmerer und Schult¬
heißen zur Seite; wo es sich um allgemeine und wichtige Angelegen¬
heiten handelte, wurden sie zu Rate gezogen.
2. Die wachsende Kraft der Stadtgemeinde und das erhöhte
Selbstgefühl der Bürger trieb mit der Zeit zur Errichtung eines
selbstgewählten Rates. Das Recht, den Rat zu wählen, bekamen
die Mainzer Bürger vom Erzbischof Siegfried III. im Jahre 1244.
Schon 1236 hatten sie vom Kaiser Friedrich II. zur Belohnung für
treue Dienste das sogenannte „erste kaiserliche Privilegium" erhalten.
Durch dasselbe wurden sie von allen auswärtigen Gerichten, mit Vor¬
behalt jedoch des kaiserlichen befreit, gleichwie Erzbischof Adalbert I.
sie schon hundert Jahre vorher von den auswärtigen Gerichten der
erzbischöflichen Vögte befreit hatte. Die Vorsteher der Gesamtgemeiude
im Gericht und in der Verwaltung waren aber immer noch der
Kämmerer, der Schultheiß, der Waltpod und die Offizialen.
3. In dieser für die Geschichte der Stadt so überaus wichtigen
Urkunde erscheint der Erzbischof nicht mehr wie der Herr gegenüber
unterthänigen Bürgern, sondern es sind zwei auf gleichem Fuße stehende
Mächte, die mit einander Vertrag schließen. „Die Bürger sind uns,"
heißt es, „nicht weiter zu Diensten mit Bewaffneten oder mit Abgaben
verpflichtet, als sie das mit ihrem guten Willen thun. Sie werden
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