Full text: Leitfaden zur Geschichte des deutschen Volkes

64 Verfall des Rittertums. Städtewesen und Städtebünde. §§ 73. 74. 
Kaufherrn, dessen Wagenzüge die Landstraßen, dessen Schiffe die Flu߬ 
wege Deutschlands befuhren. Städter und Ritter waren die grimmigsten 
Feinde. Ein noch gefährlicherer Gegner erstand letzteren in den mächtigen 
Landesfürsten. Selbst die Bündnisse, zu denen sich die Ritter zu¬ 
sammentaten, vermochten gegen die immer mehr anwachsende Macht der 
Landesherren auf die Dauer nichts, und auch das Aufkommen der Feuer¬ 
waffen trug dann das Seine dazu bei, dem Rittertum mehr und mehr 
seine Bedeutung zu nehmen (§ 84, 2). Schon seit dem 13. Jahrhundert 
wurden die Kriege nicht mehr bloß mit ritterlichen Heeren geführt, sondern 
Städte und Landesherren fingen an, Söldner in Dienst zu nehmen, 
die aus dem Waffenhandwerk eine Lebensaufgabe machten und mit 
Harnisch, langem Spieß und Schlachtschwert, später auch mit freilich noch 
recht unbehilflichen Gewehren gewaffnet, zum Kampfe auszogen. So hat 
sich nach und nach das Landsknechtswesen entwickelt, das besonders 
durch Kaiser Maximilian I. (§ 82), den „Vater der Landsknechte", zur 
Blüte gelangte. Allmählich schufen sich dann die Fürsten, dem Beispiel 
folgend, das schon im 15. Jahrhundert Karl VII. von Frankreich gegeben 
hatte, stehende Heere (§ 144). 
§ 74. Slädtewcsen und Städtebüude. 1. Je unsicherer das 
Leben auf dem flachen Lande wurde, um so größere Bedeutung gewannen 
die vor Überfällen durch Wall und Graben geschützten Städte. Hier 
halten Gewerbe und Handel ihre festen, sicheren Stätten- Zünfte und 
Geschlechter hatten jetzt meist gleichen Anteil an der Regierung. Stolze 
Dome, prächtige Rathäuser zierten die Städte. Auch schöne Privathäuser 
mit vorspringenden Erkern, mit Schnitzwerk und frommen Sprüchen ge¬ 
schmückt, entstanden jetzt in den schmalen, aber meist schon gepflasterten 
Straßen. Fröhliche Feste, kirchliche und weltliche, wurden gefeiert. Überall 
war frisches Leben, oft voll überschäumender Lust. 
2. Aber die Städte hatten der Feinde viele, und die Macht des Reichs 
war gering. Gegen einzelne Raubritter schützte sich jede Stadt wohl selbst, 
doch um sich gegen die Ritterbünde, gegen die Übergriffe der Landesherren, 
gegen die Schutzlosigkeit im Auslande zu sichern, dazu reichte die Kraft 
der einzelnen Stadt nicht aus. So einten sie sich zu Schutz und Trutz 
in Städtebünden, deren mächtigster die Hanse wurde. Sie war aus 
kleinen Anfängen — aus den Vereinigungen deutscher Kaufleute im Aus¬ 
lande und aus den Bündnissen, die niederdeutsche Städte miteinander 
schloffen, um den Ansprüchen ihrer Landesherren entgegenzutreten und 
ihre Handelsstraßen zu sichern — seit dem 13. Jahrhundert ganz all¬ 
mählich entstanden und gedieh zu ihrer schönsten Blüte in der 2. Hälfte 
des 14. Jahrhunderts. Zu ihren Mitgliedern gehörten eine große Zahl 
blühender Städte längs der deutschen Küste von Flandern bis nach Est¬ 
land und auch zahlreiche Binnenstädte. Der Vorort des Bundes war 
Lübeck, wo meist die Hansetage abgehalten wurden. Der Bund, der nicht
	        
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