10 Cüjmtnaben. Festspiele. Orakel. Amphiktyonenbund.
deutung weit überragt von den olympischen Spielen, welche alle 4 Jahre
zu Olympia in Elis zu Ehren des olympischen Zeus im Monat Juli ge¬
feiert wurden. Sie sollen von Herakles seinem Vater Zeus zu Ehren ge¬
stiftet worden sein und wurden nach langer Unterbrechung durch die gemein¬
schaftlichen Bemühungen des Königs von Elis, Iphitus, und des spartani¬
schen Gesetzgebers Lykurg wieder ins Leben gerufen und neu eingerichtet.
Die Wettspiele bestanden zu Olympia im Ringen, Springen, Wettlauf, Faust¬
kampf, Speer- und Diskuswerfen, Pferde- und Wagenrennen. Der Sieger
bekam einen Kranz von Ölzweigen, aber sein Name war in ganz Griechen¬
land gefeiert, seine Mitbürger führten ihn im Triumphe in ihre Stadt und
stellten seine marmorne Bildsäule in Olympia auf. Später wurden auch Ge¬
dichte von ihren Verfassern vorgetragen, und Herodot soll seine Geschichte
der Perserkriege wenigstens theilweise hier vorgelesen haben. Zu diesen Spielen,
welche 5 Tage dauerten, kamen die Theilnehmer nicht bloß aus Hellas, son¬
dern auch von den Kolonieen in Asien, Großgriechenland und Sicilien, und
es knüpfte sich an diesen ungeheuren Zusammenfluß von Menschen ein sehr
bedeutender Jahrmarkt. Während der Festzeit dieser Spiele mußten im ganzen
Peloponnes die Waffen ruhen, und das Gebiet von Elis sollte stets vom Krieg
verschont bleiben. Nach diesen olympischen Spielen begannen die Griechen
eine besondere Zeitrechnung und nannten den Zeitraum von einer Festfeier
zur andern eine Olympiade, welche somit 4 Jahre in sich schloß. Doch
konnte man nicht bis zu Lykurg aufsteigen, da man von jener Zeit keine
schriftlichen Urkunden hatte, und sieng das erste Jahr der ersten Olympiade
mit dem Jahr 776 an, von welchem Jahr zuerst der Name des Siegers sich
aufgeschrieben fand.
Auch die Orakel, d. H. Anstalten, in welchen man über die Zukunft
und überhaupt über das Verborgene sich Auskunft geben lassen konnte, waren
von großem Einfluß auf die gemeinsamen Angelegenheiten Griechenlands. Es
gab dreierlei Arten von Orakel: Traum-, Zeichen- und Spruchorakel. Unter
den ersteren ist besonders zu erwähnen das Orakel des Asklepius (Äskulapius),
des Gottes der Heilkunde, zu Epidaurus (in Argos), in dessen Tempel man
sich zum Schlafe niederlegte, um göttliche Offenbarungen, besonders zur Heilung
der Kranken, zu erhalten. Ein Zeichenorakel war das zu Dodona (in Epirus), wo
aus den Bewegungen der Blätter der heiligen Eiche, aus dem Murmeln der
Quelle und dem Ton der ehernen Becken geweissagt wurde. Unter den Spruch¬
orakeln, bei welchen die Offenbarung durch den Mund eines in Verzückung versetzten
Menschen geschah, war das berühmteste das des Apollo zu Delphi (in Phocis),
welches nicht nur in Hellas, sondern auch im Ausland im größten Ansehen stand.
Ungeheure Reichthümer sammelten sich durch die Weihgeschenke und Opsergaben
in dem dortigen Tempel. Aus einer Höhle stiegen betäubende Dämpfe auf,
über der Öffnung derselben stand ein Dreifuß, und hier sitzend stieß die Prie¬
sterin Pythia unter gräßlichen Zuckungen allerhand Laute und Worte aus,
aus welchen die Priester die Antworten des Orakels, meist in Versen zusammen¬
setzten. Wenn dieser Kultus anfangs aus einem tief religiösen Gefühl hervor-
gieng, so artete er später, wo die Parteikämpfe sich der Sache bemächtigten,
vielfach in gemeinen und habsüchtigen Priesterbetrug aus. Endlich ist hier noch
der Amphiktyonenbund zu Delphi und Thermopylä zu erwähnen, welcher
aus 12 griechischen Staaten bestand, die Aufsicht über religiöse Angelegenheiten,
besonders über das delphische Orakel und die pythischen Spiele hatte, in Er¬
füllung seines anderen Zweckes aber, die Streitigkeiten der einzelnen Staaten