Full text: Leitfaden für den Unterricht in der Geschichte

Die Tudors: Heinrich VIII. und seine Kinder. 227 
Tod er noch vier Frauen nach einander heiratete, von denen eine verstoßen, 
eine andere enthauptet wurde. 
Erst unter seinem Sohne Eduard VI., der bei des Vaters Tode saunt 1547-1553. 
zehn Jahre alt und der Sohn seiner dritten Gemahlin, der Johanna Sey- 
mour, war, wurde von dem Protektor Somerset mit Hilfe des Erzbischofs 
Cranmer die Reformation eingeführt und der Grund zur anglikanischen Kirche 
gelegt, welche aus einer Mischung von protestantischen und katholischen Ele¬ 
menten besteht, von jenen hauptsächlich das Glaubensbekenntniß, von diesen 
die bischöfliche Verfassung hat. Als der schwindsüchtige Eduard im fünfzehnten 
Lebensjahre starb, wurde von einer Hofpartei die siebzehnjährige Johanna Gray, 
eine Urenkelirr Heinrichs VII., wider ihren Willen als Königin ausgerufen. 
Aber die Nation entschied sich, in ihrer Achtung für die rechtmäßige Thron¬ 
folgeordnung, für die Ansprüche der Halbschwester Eduards, der Tochter jener 
Katharina von Aragonien. Maria, die eifrige Katholikin, wurde gekrönt, 1553-1558. 
und sie setzte alles daran, um das Werk ihres Bruders auszurotten und das 
abtrünnige England wieder in den Schoß der päpstlichen Kirche zurückzuführen. 
Aber wenn auch dem größten Theil der Engländer an dem neuen Glauben 
wenig lag, so lag ihnen doch sehr viel an ihrer Freiheit von der päpstlichen 
Autorität und an der Nichtzurückgabe der Kirchengüter, wovon sehr viele in 
Privathände übergegangen waren. Da nun Maria ihren Plan durchsetzen wollte 
und sich mit dem sehr unbeliebten Sohn des Kaisers Karl V., dem nachherigen 
Könige Philipp II. von Spanien, vermählte, verlor sie nach und nach alle 
Popularität. Es entstanden Ausstände, bei welchen auch Johanna Gray wieder 
genannt wurde. Auf dies hin wurde die unschuldige Prinzessin, welche Platos 
Schriften in der Ursprache las und in Bibelkenntniß mit Gelehrten wetteiferte, 
samt ihrem Gemahl, Guilford Dudley, enthauptet. Blutige Verfolgungen 
begannen gegen alle Andersgläubige; überall rauchten die Scheiterhaufen, war 
das Beil des Henkers in Thätigkeit. Zum Glück für England starb sie bald 
und kinderlos. 
Ihr folgte ihre Halbschwester Elisabeth, Anna Boleyns Tochter, welche 1558-1603. 
nur mit Mühe und unter Aufgebung ihres protestantischen Glaubens dem 
Schicksal Johannas entgangen war. Sie kehrte aber gleich wieder zu ihrem alten 
Glauben zurück und führte die unter Eduard begründete Reformation, die Epis- 
copalkirche (bischöslich-protestantische Kirche), wieder ein. Gegen diese erhoben 
sich mehrere, welche von dem Festland, wohin sie vor Maria geflohen waren, 
als Kalvinisten zurückkehrten, von Elisabeth eine durchgreifende Reformation in 
kalvinistischem Sinne verlangten und die königliche Oberhoheit in Kirchensachen 
nicht anerkannten. Aber Elisabeth, welche nicht weniger herrisch war als ihr 
Vater, wollte nicht eine Reformation auf Kosten der Herrschergewalt und ver¬ 
hängte über die Puritaner, wie man die Kalvinisten in England nannte (deren 
radikalste Partei die Independenten waren), ebenso strenge Strafen wie über 
die Papisten. Glücklicher waren die Kalvinisten in Schottland. Nach langen 
Kämpfen mit dem Hof und der Geistlichkeit setzten sie es endlich nach dem 
Tode des Königs Jakob V. und seiner zur Regentin ernannten Gemahlin, 
Maria von Guise, durch Parlamentsbeschluß durch, daß die Messe und der 
„Götzendienst" der römischen Kirche abgeschafft und die presbyterianische Kirche 1561. 
eingeführt wurde. Der strenge Eiferer Johann Knox war hiefür am meisten 
thätig. Um dieselbe Zeit kam Maria Stuart, Jakobs V. Tochter, die 
achtzehnjährige Witwe des Königs Franz II. von Frankreich, nach Schottland 
zurück und bestieg den Thron ihres Vaters. Die Annahme des Titels einer 
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