Full text: Für die Mittelstufe der Lehrerseminare (Band 3, [Schülerband])

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schauen, wie seine Ritter für ihn sterben? Hier in meinem Lande, für mein Volk, mit 
euch will ich siegen oder umkommen. 
Die Eidgenossen standen an der Höhe, bedeckt vom Walde; solange die Ritter saßen, 
deuchte ihnen schwer, in der Ebene den Stoß ihrer Menge zu bestehen, und sicherer, in 
dem anscheinenden Vorteil ihrer Stellung den Anfall auszuharren. Vom Siege hofften sie, 
er werde durch die Ermunterung des Volkes für den Krieg entscheidend werden; ihren Tod 
betrachteten sie als den Weg zum ewigen Ruhm und als einen Sporn für die Ihrigen, am 
Feind ihre Rache zu suchen. Als der Adel abstieg, zogen die Eidgenossen aus dem Wald in 
das Feld herab; sie besorgten auch vielleicht eine Hinterlist oder eine schnelle Bewegung der 
o übermächtigen Zahl in der bedeckten Gegend. Sie standen in schmaler Ordnung, mit kurzen 
Waffen, vierhundert Luzerner, neunhundert Mann aus den drei Waldstätten und ungefähr 
hundert Glarner, Zuger, Gersauer, Entlibucher und Rodenburger, unter ihren Bannern, 
mer dem Schultheiß der Stadt Luzern und unter dem Landammann eines jeden Tales; 
einige trugen die Hallbarden, womu im Paß bei Morgarten ihre Ahnen gestritten, einige 
is hatien statt Schilden ein kleines Breti um den linken Arm gebunden. Erfahrene Krieger 
fahen ihren Mut. Sie fielen auf die Kniee und beteten zu Goit nach ihrem alten Gebrauche. 
Die Herren banden die Helme auf; der Herzog schlug Ritter. Die Sonne stand hoch; der 
Tag war sehr schwül. 
Die Schweizer nach dem Schlachtgebet rannten mitten durch das Feld an den Feind in 
0 vollem Laufe mit Kriegsgeschrei, welches alles anfeuert, und weil sie hofften, durchzubrechen, 
ind alsdann rechts und links nach ihrem Wohlgefallen zu verfahren. Da wurden sie em⸗ 
pfangen von Schilden als von einer Mauer und von den hervorragenden Spießen wie von 
inem Wald eiserner Stacheln. Da stritt mit ungeduldigem Zorne die Hauptmannschaft von 
Luzern und suchte zwischen den Spießen einen Weg an die, welche dieselben trugen. Hin⸗ 
6 viederum bewegte der Feind mit fürchterlichem Geprassel seine in die Breite ausgedehnte 
Ordnung, als zu einem halben Monde, Ponnt er die Feinde zu umgehen gedachte. Zur selben 
Stunde schien das Stadtbanner von Luzern lang unterdrückt, weil Herr Petermann von 
Gundolfingen, Ritter, Schultheiß von Luzern, hart verwundet gesunken, der Altschult⸗ 
heiß, Herr Heinrich von Moos, und Stephan von Sillinen, Herr zu Sillinen und Küßnacht, 
o sein Schwager, mit vielen anderen tapferen Männern umgekommen waren. Da rief laut Herr 
Antoni zu Port, ein geborener Mailänder, zu Flüelen im Land Uri seßhaft: „Schlaget auf 
die Glene, sie sind hohl“. Dies taten die vordersten mit starker und angestrengter, großer 
Kraft; sie zerschmetterten etliche Glene, welche von den hinteren sofort ersetzt wurden; da fiel 
der zu Porl. Nun war die feindliche Ordnung durch die Natur ihrer Waffen und aus Mangel 
s der Übung unbehilflich zu der Bildung eines halben Mondes; im übrigen bestand sie unge⸗ 
brochen, fest. Sechzig Schweizer waren erschlagen worden. Man befürchtete die plötzliche 
Wirkung einer unbemerkten Bewegung der Hinterhut oder Überraschung von dem Gewalt— 
haufen Bonstettens. 
Diesen Augenblick banger Unschlüssigkeit entschied ein Mann vom Lande Unterwalden, 
0 Arnold Struthan von Winkelried, Ritter; er sprach zu seinen Kriegsgesellen: „Ich will euch 
eine Gasse machen“, sprang plötzlich aus den Reihen, rief mit lauter Stimme: „Sorget für 
mein Weib und für meine Kinder; treue, liebe Eidgenossen, gedenket meines Geschlechtes“, 
bar an dem Feind, umschlang mit seinen Armen inige Spieße, begrub dieselben in seine 
Brust, und wie er denn ein sehr großer und starker Mann war, drückte er im Fall sie mit 
s sich auf den Boden. Plötzlich seine Kriegsgesellen über seinen Leichnam hin; da drangen 
alle Harste der Eidgenossen-Mannschaft mit ãußerster Gewalt fest geschlossen hintereinander 
an. Hinwiederum die Reihen des erstaunten Feindes preßten sich, sie aufzunehmen; wodurch, 
durch Schrecken, Eile, Not und Hitze, viele Herren in ihren Harnischen unverwundet erstickten; 
indessen aus dem Walde herab zulaufendes Volk die Schweizer eiligst verstärkte. 
zo Zuerst fiel Herr Friedrich, der Bastard von Brandis, ein handfester, hochtrutziger Mann, 
sonst er allein so gefürchtet als zwanzig; bei ihm fiel der lange Frießhard, welcher sich ver— 
messen, die Eidgenossen allein zu beslehen. Das Glück des Tages wandte sich. Die Diener
	        
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