Full text: Die Freiheitskriege in Lied und Geschichte

nis der bösesten Zeit. In dieser hatte er von dem Seinigen geopfert, von 
dem Staate und von seinem Könige das Wenigste erhalten und verlangt. 
In fremden Ländern als Sieger nach welscher Sitte zu plündern und zu 
rauben, wie die Soults und Massenas allenthalben getan, war preußischer 
und deutscher Feldherren unwürdig und wäre diesem hochherzigen Manne 
unmöglich gewesen. Später hat sein König dem in den Grafenstand Er— 
hobenen eine bedeutende Schenkung gemacht. Er hat sich das Glück 
gefallen lassen, ist aber, wie in seinem früheren Zustande, immer ein 
höherer Herr seines Mutes und Herzens geblieben, immer fern von jeder 
Hoffart und Habsucht, großmütig, hilfreich, freigebig wie die allbelebende 
Sonne und Luft. „Schriften für und an seine lieben Deutschen“. 
Brief Gneisenaus über die Lützener Schlacht. 
(An seine Frau.. 
August (Gneisenaus Sohn, der als 18jähriger ins Heer eingetreten 
war) hat sich ein Ehrenzeichen verdient, nämlich einen Schuß in die Ober— 
wade, glücklicherweise nur eine Fleischwunde. Von Anfang der Schlacht 
am 2. d. ward ich schon von ihm getrennt, indem mir die Reiterei des linken 
Flügels zu führen übertragen wurde. Der junge Krieger hat demnach die 
Schlacht im Gefolge meines Freundes Scharnhorst mitgemacht. Dort 
ging es am heftigsten zu, und es ward hartnäckig gefochten. Ein solches 
Kleingewehrfeuer habe ich nie gehört. Nach dem Zeugnis aller derer, die 
ihn im Getümmel und Wüten der Schlacht gesehen haben, hat er sich mit 
Tapferkeit und Furchtlosigkeit betragen. Sein Pferd, ein schöner Brauner 
von mir, ward tödlich verwundet; er mußte solches auf dem Schlachtfelde 
lassen. Von seinem Schicksal nichts wissend und bekümmert um ihn saß ich 
bei meinem General (Blücher) morgens um 3 Uhr im Posthause zu Pegau, 
als August auf einmal zufällig ins Zimmer trat. Ich freute mich sehr ihn 
zu sehen. Wir sprachen lange miteinander. Erst hinterher erzählte er mir, 
er sei verwundet. Du kannst Dir mein Erstaunen denken. Ich sorgte schnell 
für ihn, übergab ihn einem Offizier, der ihn mit Extrapost zur Bagage 
brachte, und trennte mich von ihm, um auf das Schlachtfeld zurückzukehren. 
— Die Schlacht ist eine unentschiedene. Viel Blut ist umsonst vergossen 
worden. Die Anlage dazu war nicht sonderlich oder vielmehr die Ausfüh— 
rung der Anlage, denn wir ließen Truppen außer dem Gefecht, die wir 
füglich heranziehen konnten, z. B. die Korps des Generals Miloradowitsch, 
des Generals von Kleist und des Generals von Bülow. Ersteres hat 100 
Kanonen, die uns gute Dienste hätten tun können. Am Ende der Schlacht 
hatte der Feind noch eine Mehrzahl von 50 000 Mann Infanterie gegen 
20 ooo, die uns übrig blieben oder die noch schlachtfähig waren, denn der 
Tod hatte unter vielen Bataillonen sehr gewütet und sie aufgelöst. Wir 
haben drei Bataillone, wovon zwei nur zwei Offiziere, das dritte nur 
einen Offizier übrig behielt. Wir hatten überhaupt zu wenig Infanterie, 
und man wollte den Rest derselben nicht aufs Ungewisse hin daransetzen,
	        
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