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sein. Seine erste Bildung erhielt er in einem Kloster zu Rom. Als Priester
leuchtete er durch Eifer, Strenge und Sittenreinheit hervor. Unter fünf Päpsten
war er der vertraute Ratgeber. Seine Wahl zum Papste erfolgte auf einen
Ruf aus der Volksmenge : „Hildebrand soll unser Bischof sein!" Mit starker Hand
ergriff er die Zügel des Kirchenregiments. Er wollte die Kirche im Innern
läutern und nach außen mächtig machen. Mit Scharfsinn und unbeugsamer
Festigkeit ging er feinßnMeg und siegte endlich über alle Hindernisse. Er schuf
das Kollegium der Kardinäle, das den Papst zu wählen hat, verbot die
Simonie^ d. h. den Kauf und Verkauf geistlicher Stellen, führte das Cölibat
durH7^as ist die Ehelosigkeit ^er Priester, und beanspruchte das Richt der
Investitur, d. H. dtFlMehnung von Bischöfen mit Ring und Stab (mit
demUstlichen Amte und dem weltlichen Bistum).
2. Kaiser Heinrich IV. hatte seinen Vater Hein¬
rich III. schon im 6. Jahre (1056) verloren. Seine
Mutter erzog denMhaften Knaben mit zu viel Milde.
Der Erzbischof Hanno von Köln, der ihn ans ein
Rheinschiff locken und entführen ließ, wollte durch
Strenge, ja Härte feinen Leichtsinn zügeln. Unter der
Vormundschaft °des Bischofs Adalbert von Bremen
ließ man ihm allen Willen, ja verdarb ihn durch
Schmeichelei und Sinnenlust. Als König wohnte er
meist zu Goslar, behandelte aber seine sächsischen
Unterthanen mit so großer Härte, daß sie sich endlich
gegen ihn empörten, ihn zur Flucht nötigten, seine
Schlösser, besonders seine geliebte Harzburg, zer¬
störten und die Gebeine der Seinen in den Grüften
zerstreuten. Mit Hilfe der Städte sammelte Hein¬
rich ein Heer, schlug die Sachsen bei Langensalza
und strafte sie mit großer Härte. Diese wandten sich
nun klagend an den Papst.
3. Kampf zwischen Kaiser und Papst. Gre¬
is. Heinrich iv. gor VII., welcher den Papst mit der Sonne, den Kaiser
mit dem Monde verglich, ermahnte den Kaiser zur
Mäßigung und gebot ihm, Buße zu thun, weil er „Schacherhandel" mit geist¬
lichen Wellen getrieben und zum Schaden der Kirche viele unwürdige Männer
zu geistlichen Ämtern befördert habe. Der ergrimmte Kaiser ließ hieraus den
Papst durch eine Versammlung von Bischöfen absetzen und schrieb ihm: „Wir,
Heinrich, von Gottes Gnaden König, und alle Bischöfe sagen dir, dem falschen
Mönch Hildebrand: Steige Jherab von dem angemaßten apostolischen Stuhle^
steige herab!" Der Papst sprach hierauf j)en Bann über den Kaiser, schloß ihn
damit aus der kirchlichen Gemeinschaft aus und entband Fürsten und Völker von
dem Eide der Treue. Die Fürsten, welche Heinrich nicht liebten, drohten nun,
einen andern König zu wählen, wenn er binnen Jahresfrist nicht vom Banne ge¬
löst sei. ' Da zog der verlassene König mit seiner treuen Gattin, einem zwei¬
jährigen Söhnlein und einigen Dienern im Winter über die Alpen, streckenweise
auf Rinds hauten über Eis- und Schneefelder geschleift, um von dem Papste
Lossprechung vom BannTzu erhalten. Drei Tage stand er im Januar 1077
barfuß und im Büßerhemde im Schloßhofe zu Canossa, wo der Papst bei der
Markgräfin Mathilde von Toscana weilte. Erst jein Flehen, der Markgräfin
Thränen und eines Abtes Fürbitte endeten die Demütigung des Kaisers. Nach
einem Fußfall wurde Heinrich vom Banne losgesprochen, sollte sich aber der Re-