Full text: Deutsche Geschichte für Schule und Haus

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reiste darum hin und her und besuchte Versammlungen, wo über des 
Volkes Wohlfahrt beraten wurde, und gab Fürsten und Staatsmän¬ 
nern Rat, neue Einrichtungen zu treffen, durch die die Liebe zum 
Vaterlande in 'die Herzen des Volkes gepflanzt, gemehrt und gestärkt 
würde. Besonders hielt er die Unterweisung in der vaterländischen 
Geschichte hierzu geeignet, und wie er selbst seine Freizeit gerne dazu 
benutzte, Geschichte zu studieren und seine Kinder darin zu unterrichten, 
so half er auch Einrichtungen treffen, die Geschichte der ältern Zeit 
durch gelehrte Männer zu erforschen, zusammenzustellen und in 
Büchern zu veröffentlichen, damit sie recht viel gelesen werde. So hat 
er, wie ein rechter Edelmann, in Krieg und Frieden zwischen Fürst 
und Volk als treuer Mittler und Ratgeber bis au sein Ende (29. Juni 
1831) gestanden, und als solcher wird er noch nach Jahrhunderten ge¬ 
priesen werden. 
98+ Die Uollerrbung der Bauernbefreiung. 
1810» 
Die vollständige Befreiung des Bauernstandes war auch ein not¬ 
wendiges Bedürfnis für die Wohlfahrt uusres Volkes. Daher erließ 
König Friedrich Wilhelm 111. auf Steins Rat und im Einverständ¬ 
nisse mit den Beteiligten folgenden Befehl: „Jeder Einwohner unserer 
Staaten ist zum eigentümlichen und Pfandbesitz unbeweglicher Grund¬ 
stücke aller Art berechtigt; der Edelmann also zum Besitz nicht bloß 
adeliger, sondern auch unadeliger, bürgerlicher und bäuerlicher Güter 
aller Art, uud der Bürger und Bauer zum Besitz uicht bloß bürger¬ 
licher, bäuerlicher und anderer unadeliger, sondern auch adeliger Grund¬ 
stücke, ohne daß der eine oder der andere zu irgend einem Gütererwerbe 
einer besonderen Erlaubnis bedarf. Alle Vorzüge, welche bei Güter- 
erbschasten der adelige vor dem bürgerlichen Erben hatte, fallen gänz¬ 
lich weg. — Jeder Edelmann ist ohne allen Nachteil seines Standes 
befugt, bürgerliche Gewerbe zu treiben, und jeder Bürger und Bauer 
ist berechtigt, aus dem Bauern- in den Bürger- und aus dem 
Bürger- in den Bauernstand zu treten. — Mit dem Martinitag 1810 
hört alle Gntsuuterthänigkeit in unseren sämtlichen Staaten auf. Nach 
dem Martinitage 1810 giebt es nur freie Leute". Damit war in 
Preußen der letzte Rest der alten Lehensherrschaft beseitigt; die übrigen 
Staaten folgten früher oder später nach, so daß wir heute alle freie, 
vor dem Gesetze gleiche Deutsche sind.
	        
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