156 Das Mittelalter.
Widerspenstiges Volk geschildert hatte. Auf den Bergen des Harzes und
Thüringens erbaute er starke Burgen; die stärkste derselben war die
Harzburg bei Goslar, Heinrichs Lieblingssitz. Da von diesen Burgen
aus das fränkische Kriegsvolk manche Gewaltthat in der Umgegend
verübte, reizte Heinrich den ganzen Stamm der Sachsen gegen sich auf,
welche durch diese Zwingburgen ihre alte Freiheit bedroht sahen. Auch
erzählte man sich in Sachsen, Heinrich habe, von einer Bergeshöhe das
Land beschauend, geäußert: „Sachsen ist ein schönes Land,'aber die es
bewohnen, sind verworfene Knechte." Der Hauptfeind Heinrichs war der
Bayernherzog Otto von Nordheim, auch ein Sachse, der beschuldigt
wurde, dem Könige nach dem Leben getrachtet zu haben; dies wollte der
Ankläger mit einem Gottesurteile beweisen. Otto wurde abgesetzt und
sein Freund, Magnus von Sachsen, gefangen genommen. Da geriet
das ganze Sachsenvolk in Bewegung. Otto von Nordheim stellte sich
an die Spitze der Mißvergnügten. Fürsten und Bauern des Sachsen¬
landesgelobten einander Beistand, und 60 000 Sachsen standen in wenigen
Tagen vor der Harzburg, in der Heinrich sich befand. Kaum gelang es
diesem, mit einigen Vertrauten zu entkommen. Ein Jäger aus der Um¬
gegend, der Weg und Steg daselbst kannte, führte den kleinen Zug durch
das rauschende Dickicht, und erst am Rheine fand Heinrich Sicherheit.
Da trat er mit den Sachsen in Unterhandlung; sie verlangten, er solle
die Burgen in ihrem Lande niederreißen, ihnen ihre alten Freiheiten
lassen und Otto von Nordheim wieder einsetzen. Nur mit Widerstreben
willigte Heinrich ein; sofort begannen die Bauern die Burgen zu zerstören.
Die Mauern der Harzburg waren eingerissen, die Wälle abgetragen, die
Gräben verschüttet; nur die kirchlichen Gebäude standen noch. Da
1 türmten eines Tages die Bauern in hellen Haufen zu der Harzburg
hinauf und zerstörten alles bis aus den Grund. Sie raubten, was sie
fanden, steckten die schöne Kirche in Brand, zerschlugen die Altäre, rissen
die Reliquien aus den Schränken und streuten sie umher. Selbst die
Gräber wurden nicht verschont; die Gebeine von Heinrichs ältestem Sohne
und die seines Bruders wühlte man aus. Diese Roheit der Sachsen ver¬
letzte nicht nur den König aufs empfindlichste, sondern empörte auch
alle rechtlich denkenden Menschen und führte Heinrich von allen Seiten
Anhänger zu. Das ganze Reichsheer wurde aufgeboten. An der Un¬
strut schlug Heinrich die Sachsen (1075); 8000 derselben follen an diesem
Tage getötet worden sein. Dann durchzog er das Sachfenland mit
Feuer und Schwert und stelle die zerstörten Burgen wieder her.
c. Gregor VII. Nachdem Heinrich die Sachsen besiegt hatte, war
sein Ansehen in Deutschland wiederhergestellt; da ließ er sich in einen
noch viel schwereren Kampf ein, als er eben beendet hatte, in einen
Kampf mit dem Papste. Um diese Zeit saß Gregor VII., früher Hilde¬
brand genannt, aus dem päpstlichen Stuhle. Er war von niederer Her¬
kunft, hatte längere Zeit als Mönch in einem französischen Kloster gelebt
und wurde dann Ratgeber des Papstes. In dieser Stellung gewann