46 Das Altertum.
schreiber lasen ihre Werke vor; Maler stellten ihre neuen Gemälde
zur Schau.
d. Die Sieger erhielten gleich nach dem Siege von den Preis¬
richtern einen Palmenzweig; mit diesem mußten sie sich am Ende des
Festes — es dauerte mindestens fünf Tage — bei der Preisverteilung
einftnden. Der Preis bestand in älterer Zeit in Wertsachen, später in
einem einfachen Kranze aus den Zweigen des Olbaumes, den schon
Herkules zu Olympia gepflanzt hatte. Im Zeustempel wurde vor ver¬
sammeltem Volke von dem Herolde noch einmal der Name eines jeden
Siegers ausgerufen; dann ward ihm der Kranz aufgesetzt. Unter Sieges¬
gesängen wurden Opfer dargebracht; daraus folgte ein Festmahl, überall
herrschte Freude, und die ganze Flur erscholl von Jubelgesängen.
Ein olympischer Sieg galt den Griechen als das höchste irdische Glück. Einer
der sieben Weisen Griechenlands, Chilon von Sparta, starb aus Freude über den
Sieg seines Sohnes. Diagoras von Rhodus hatte selber mehrmals gesiegt; als
nun zu Olympia seine beiden Söhne siegten, rief ihm ein Spartaner zu: „Stirb,
Diagoras, denn du wirst doch nicht in den Himmel steigen!" Und er starb, als die
beiden Jünglinge ihn umarmten und ihm ihre Kränze aufs Haupt setzten. Der Sieger
durfte zu Olympia seine Bildsäule aufstellen lassen; noch größere Ehre aber wartete
seiner in seiner Vaterstadt. Dichter besangen ihn; man errichtete ihm eine Bildsäule
in dem Gymnasium, auf dem Markte oder am Eingänge in den Tempel. In Athen
erhielt der Olympiasieger 500 Drachmen, sowie einen Ehrensitz bei allen öffentlichen
Schauspielen; dazu wurde er auf öffentliche Kosten lebenslänglich gespeist. In Sparta
teilte er im Felde mit dem Könige das Zelt und kämpfte an dessen Seite.
2) Käustiches Leben der Griechen.
Die Griechen verwandten auf die Ausstattung ihrer Tempel alle
Sorgfalt; ihre eigenen Wohnungen dagegen waren nur klein und
dürftig. Die Wohnräume lagen meistens um einen offenen, mit Säulen
umgebenen Hof, in welchem gewöhnlich ein Altar des Zeus stand,
während sich der Herd und ein Altar der Hestia im Hause selber be¬
fanden. An diesem Altare fanden die gemeinsamen Feste und Mahlzeiten
statt; zu ihm floh der Sklave aus Furcht vor Strafe; an ihm fand
der Fremde, ja selbst der Feind, sicheren Schutz. Die Wohnräume
enthielten weniger Geräte als die unsrigen; zwar kannten die Griechen
schon Stühle und Fußbänke, doch benutzten sie statt derselben lieber
eine schräg ansteigende Polsterbank, auf der sie saßen, schliefen und die
Männer auch beim Einnehmen der Mahlzeit lang hingestreckt ruhten.
(Joh. 13, 25; 21, 20.) Die Tische wurden nur beim Men benutzt und
waren niedriger als unsere; statt der Kommoden und Schränke gebrauchten
die Griechen Laden oder Kasten. Zahlreich und geschmackvoll waren die
Gefäße zur Aufbewahrung trockener und flüssiger Gegenstände. (Fig. 13).
Die Kleidung der Griechen war sehr einfach und bestand im
wesentlichen aus zwei Teilen: einem hemdähnlichen Unterkleide, das
über den Hüften gegürtet war, und einem mantelartigen Umwurf. (Fig.
21 und 22.) Eine Kopfbedeckung trugen für gewöhnlich weder die