Full text: Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht in Präparandenanstalten

331 
v. Chr. 
58 Das Altertum. 
wegen der vielen Leichen nicht von der Stelle gerückt werden. Der König 
sprang heraus, ließ Mantel, Schild und Bogen zurück, warf sich auf sein 
Pferd und entfloh. Seine Mutter, feine Gemahlin, zwei Töchter und 
ein unmündiger Sohn fielen in die Hände des Siegers. 
Nach dieser Schlacht wollte Darms, um Frieden zu erlangen, dem 
Sieger fein halbes Reich abtreten, für die Befreiung der hohen Gefange¬ 
nen ein unermeßliches Löfegeld zahlen und ihm feine Tochter zur Ge¬ 
mahlin geben. „Was meinst du dazu?" fragte Alexander feinen Freund 
Parmenio. „Ich würde es thun," antwortete er, „wenn ich Alexander 
wäre." — „Ich auch," erwiderte dieser, „wenn ich Parmenio wäre," und 
wies den Antrag zurück. Unbekümmert um Darius zog er längs der 
Meeresküste nach Süden. Die einzelnen Städte unterwarfen sich ihm 
bereitwillig; nur die Jnfelftadt Tyrus widerstand. Alexander ließ einen 
breiten Damm bis an die Stadt bauen; schon war derselbe fast fertig, 
als ein heftiger Sturm einen großen Teil wieder fortfpülte. Der König 
ließ sich dadurch nicht entmutigen; mit verdoppelter Anstrengung ward 
die Arbeit fortgefetzt, und bald war die Insel erreicht. Jetzt begann die 
Belagerung der Stadt, während die Flotte sie von der Seefeite einschloß; 
aber erst nach 7 Monaten fiel die Stadt. Sie wurde verbrannt; viele 
Einwohner hatten sich rechtzeitig nach Karthago gerettet, aber 2000 
wurden gekreuzigt und 30000 als Sklaven verkauft. Hierauf durchzog 
Alexander siegreich Palästina und besetzte Jerusalem. Als ihm die 
Priester feierlich entgegenzogen, verschonte Alexander die Stadt. Er soll 
sogar an der Hand des Hohenpriesters in den Tempel gegangen sein 
und geopfert haben. Dann legten ihm die Priester die Weissagung des 
Propheten Daniel (Kap. 8 u. 11) vor; er beschenkte sie reichlich und ge¬ 
stattete ihnen, frei nach ihren Gesetzen zu leben. Nach Erstürmung der 
hartnäckig verteidigten Föstnng Gaza wandte sich Alexander nach Ägyp¬ 
ten, wo er als Befreier von der Perserherrschaft überall freundlich em¬ 
pfangen ward. An der Nilmündung legte er die Stadt Alexandria 
an, die bald an Stelle des zerstörten Tyrus der Sitz des Welthandels 
wurde. Auch besuchte er das in der libyschen Wüste gelegene Orakel 
des Jupiter Ammon, wo ihn die Priester als einen Sohn Jupiters 
begrüßten. 
Im Frühling des folgenden Jahres kehrte Alexander durch Palästina 
und Phönicien zurück. Darius wollte noch einmal sein Glück versuchen; 
zwischen Arb ela und Gaugamela, nördlich von Babylon, hatte er ein 
unermeßliches Heer ausgestellt. Vor der Schlacht riet Parmenio zu einem 
nächtlichen Überfall, erhielt aber die Antwort: „Es geziemt dem Alexander 
nicht, den Sieg zu stehlen." Am Morgen der Schlacht schlief Alexander 
noch so fest, daß Parmenio ihn wecken mußte. „Herr," rief er, „du 
schläfst ja, als hätten wir schon gesiegt!" „Haben wir denn das nicht," 
erwiderte der König, „da wir den Feind vor uns haben und ihn nicht 
erst in Wüsten mehr auszusuchen brauchen?" Alexander griff an; die 
Perser fochten wie verzweifelt, aber Alexanders Feldherrnknnft gewann
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.