320 19. Der peloponnesische Krieg. Alcibiades.
und Alcibiades war verklagt, diesen Frevel verübt zu haben. Nun
sollte er sich verantworten. Er fuhr zurück, aber nicht nach Athen,
sondern nach Sparta. Die Athener sprachen das Todesurteil über ihn
aus. — Mit Alcibiades' Abberufung wich aber das Glück von den
Athenern. Auf seinen Rat schickten die Spartaner den Syraknsanern
Hilfe, und das athenische Unternehmen nahm ein jammervolles Ende.
Die Macht Athens war gebrochen; sie hatten zwei große Landheere und
zwei trefflich ausgerüstete Flotten verloren.
4. Athens Fall. Noch einmal erholte sich Athen. Alcibiades
hatte sich durch seinen Hochmut den Unwillen der Spartaner zugezogen,
so daß er für sein Leben fürchtete. Er floh deshalb von Sparta zu
einem persischen Statthalter an der Küste Kleinasiens und wirkte hier
wieder für die Athener und gegen Sparta. Das söhnte die Athener
aus; sie riefen ihn zurück und ernannten ihn wieder zum Führer der an
der kleinasiatischen Küste liegenden athenischen Flotte. Er besiegte die
Spartaner in mehreren Schlachten, die Athener beherrschten wieder die
See, und Alcibiades zog unter dem Jubel der Bevölkerung in Athen
ein. Als aber sein Unterfeldherr eine Schlacht verlor, setzten ihn die
Athener zum zweiten Male ab. Sie beraubten sich damit des einzigen
Mannes, der sie noch hätte retten können. Zwei Jahre darauf vernichtete
der spartanische Feldherr Lysander die athenische Flotte und zwang die
Stadt zur Übergabe. Er nahm ihnen alle Kriegsschiffe weg und ließ
die Mauern niederreißen. So endete der peloponnesische Krieg. Nie
hat sich Athen ganz von diesem Sturze erholt.
5. Folgen des Krieges. Durch den Krieg bekam Sparta die
Vorherrschaft. Die Bundesgenossen Spartas aber sahen sich bald in
ihren Hoffnungen getäuscht: Sparta herrschte gewalttätig, und in Sparta
gab es keinen Gerichtshof gegen ihre Willkür wie einst zu Athen. Dazu
waren die Spartaner jeder höheren Bildung bar. Schon in den
nächsten Jahren befreiten sich wieder einzelne Staaten von der
spartanischen Herrschaft. Das Ergebnis war die Zersplitterung
Griechenlands. Mit der nationalen Zersplitterung ging der
wirtschaftliche Niedergang Hand in Hand. Durch den Krieg waren
große Gebiete verwüstet, der Handel lag still, der Bauernstand war
vernichtet. Der Gegensatz zwischen reich und arm wurde größer; der
Grund und Boden gelangte mehr und mehr in die Hand weniger
reicher Familien, während die Mehrzahl der Bürger verarmt war. Im
Zusammenhange hiermit stand die Verschlechterung der sittlichen
Zustände. Unter den Schrecken des Krieges hatten sich alle Bande
der Ordnung und Zucht gelöst, und nun fehlte es an einer kräftigen
Persönlichkeit, die sie wieder aufzurichten vermochte. Sitte und
Sittlichkeit schwanden immer mehr; hartherzige Selbstsucht trat an die
Stelle aufopfernden Gemeinsinns und edler Vaterlandsliebe. Die Lust
an ehrlicher Arbeit war geschwunden, Arbeitsscheu, mit Roheit verbunden,
herrschte vor. Bei diesem Verfall des nationalen Lebens gewinnt das
Ausland immer mehr Einfluß, bis schließlich die Selbständigkeit
Griechenlands dahin ist.