Full text: Altertum und Mittelalter (1)

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mit den Worten verschied: „Ich habe die Gerechtigkeit geliebt 
und das Unrecht gehaßt, darum sterbe ich in der Verbannung." 
Während Heinrich in Italien weilte, führte in Deutschland 
Friedrich von Hohenstaufen den Kampf gegen dessen Feinde 
fort, ohne indes besondere Erfolge erringen zu können. Die 
sächsischen Großen und ihre Freunde hatten an Rudolfs Statt 
den Grafen Hermann von Salm, Sohn des Grafen von 
Luxemburg, als Gegenkönig aufgestellt, und wenn dieser auch 
kein wirkliches Ansehen zu erlangen vermochte, so gab er doch 
immerhin für die ehrgeizigen Bestrebungen der aufrührerischen 
Fürsten einen Namen her. Die Lage der Dinge änderte sich 
auch nicht, als Otto von Nordheim ein Jahr vor des Kaisers 
Rückkehr starb, denn nun übernahm der thatkräftige Markgraf 
Ekbert von Meißen die Leitung der dem letzteren feind¬ 
lichen Partei, und der unselige Bürgerkrieg dauerte ohne Ent¬ 
scheidung fort. Erst als Hermann von Salm seiner zweifelhaften 
Würde entsagte nnd Ekbert von Meißen durch einen Überfall 
den Tod fand, gewann Heinrich allmählich die Oberhand, und 
da er sich einer Versöhnung mit den Sachsen aufrichtig geneigt 
zeigte, schien dem Frieden im Reiche wenig mehr im Wege zn 
stehen. Aber leider sollte es zu einem solchen nicht kommen, 
weil derselbe durchaus nicht in Roms Interesse lag und der 
apostolische Stuhl unaufhörlich bemüht war, den Samen der 
Zwietracht unter den Häuptern und Gliedern der deutschen 
Nation auszustreuen. Zwar hatte der Bannfluch, welchen 
Gregors Nachfolger immer wieder gegen den Kaiser schleuderten, 
wesentlich an Kraft verloren; wo indes die geistlichen Waffen 
nicht halfen, wandte man mit desto größerem Glück die Mittel 
politischer Klugheit, der Arglist und Verlockung an. Zuerst 
brachte Papst Urban II eilte Vermählung zwischen der mehr 
als vierzigjährigen Markgräfin Mathilde und dem jungen, 
achtzehnjährigen Welf, dem Sohne des Baiernherzogs, zu 
stände, und als Heinrich zur Wahrung seines bedrohten An¬ 
sehens in Italien über die Alpen zog, gelang es dem Statt- 
1093 Halter Gottes, den ältesten Sohn des Kaisers, Konrad, zur 
offenen Empörung gegen den Vater zu treiben. Der irregeleitete 
Konrad wurde seiner Thorheit und seines Verbrechens freilich 
bald inne und starb reuevoll uud verlassen in der Verbannung, 
und die beiden Welf, welche nicht minder rasch erkannten, daß 
der römische Stuhl niemals zu ihren Gunsten aus die Mathilde- 
scheu Besitzungen verzichten würde, sagten sich von der römischen 
Sache wieder los und schlossen sich der des Kaisers an. Aber 
das eine schuf dem schwergeprüften Herrscher nur geringen Trost 
und das andere nur vorübergehenden Nutzen, denn jenseits der 
Alpen erfuhr feine Macht dadurch keine Stärkung, und in 
Deutschland scharten sich die unzufriedenen Elemente einige
	        
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