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Gebiete und hörte bei einer solchen Gelegenheit von einem
Caziken, der in einem weiten steinernen Palast wohnte und
die Fremdlinge mit Gold beschenkte, daß nicht allzufern ein
Land liege, wo das begehrte Metall in Fülle vorhanden sei,
und daß man auf der Höhe des Gebirges ein zweites Meer
erschauen könne, auf welchem sich Fahrzeuge mit Rudern und
Segeln einherbewegten. Infolge dessen brach der heldenkühne
Mann im September 1513 mit einer verhältnismäßig kleinen
Schar von der Küste auf, bahnte sich durch dichten Urwald
und durch feindselige Völkerschaften einen Weg nach dem
Kamme der Cordilleren und genoß als erster Europäer den
Anblick des stillen Oceans, von dessen Gestaden, Häfen 1513
und Inseln er im Namen der Krone Spanien feierlich Besitz
nahm. Die reichen Schätze an Gold und Perlen, welche
Balboa auf diesem Zuge gewann, spornten zu neuen Ex¬
peditionen nach der Südsee an, und auf einer derselben kam
Gonsalez de Avila nach dem Lande Nicaragua, wo man 1522
staunend ein Volk mit vorgeschrittener Bildung und wohl¬
geordneten Staatsformen antraf Die Bewohner verbrachten
in Städten und Dörfern ein behagliches, von der üppigen
Natur begünstigtes und durch häuslichen und geselligenVer-
kehr verschöntes Dasein; die Frauen erschienen in langen,
zierlichen Gewändern und mit kunstreich gekämmtem Haar, die
Männer in gewebten, buntgestickten Wämsern und mit gut-
gepflegtem Bart; das fürstliche Oberhaupt war in allen wich¬
tigen Angelegenheiten an die Zustimmung eines gewählten
Senats gebunden und von einem ansehnlichen Ritteradel und
einer mächtigen Priesterschaft umgeben; nur der Gebrauch der
Menschenopfer, welche zu den Füßen häßlicher Götzenbilder
geschlachtet wurden, deutete auf einen Zustand roher Barbarei.
Während so die hohe Brücke zwischen der südlichen und nörd¬
lichen Hälfte des amerikanischen Festlandes aufgedeckt und die
geheimnisvolle Welt im Innern mehr und mehr entschleiert
ward, wendete sich zugleich der Forschungsgeist der Spanier
den Inseln und Küsten zu, welche den schönen Golf von Mexiko
umgeben. Juan Pouce de Leon verließ im Frühjahr 1513 151s
Portorico, segelte an Guanahani vorbei und erreichte am
Ostertag die vorgestreckte Halbinsel, der er von der blühenden
Entdeckungszeit den Namen Florida beilegte. Einige Jahre
darauf durchschiffte Cordova die Wasserstraße zwischen der
Westküste von Cuba und dem gegenüberliegenden Festlande
und gelangte an das Vorgebirge Catoche auf Iucatau, wo 1517
die Seefahrer zu ihrem Erstaunen eine Stadt mit Türmen
und Häusern von weißleuchtendem Mauerwerk erblickten. Sie
fanden die Ufer mit Menschen gefüllt, welche baumwollene