Contents: Geschichte der neueren und neuesten Zeit (Theil 3)

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Gegen die Großen des Reiches aber trat sie mit stolzer Würde 
auf, um ihnen den Abstand recht fühlbar zu machen. Von dem 
Gepränge, mit dem sie öffentlich auftrat, erzählt ein Zeitge- 
genosse, der sie sah, wie sie sich eines Sonntages aus ihren 
Gemächern in die Kapelle begab: „Zuerst erschien eine Menge 
Edelleute, Grafen, Barone und Ritter; dann kam der Kanzler 
mit den Siegeln zwischen zwei Lords, die Schwert und Scepter 
trugen. Ihm folgte Elisabeth, und wohin sie blickte, sielen die 
Anwesenden auf ihre Kniee. Hinter ihr kam ein langer Zug 
weiß gekleideter junger Damen, und zu beiden Seiten stand 
eine Reihe Edelleute in reichen Uniformen und mit vergoldeten 
Streitäxten." Sie war überhaupt sehr eitel und herrisch; selbst 
im vorgerückten Alter hörte sie noch gern, wenn man sie mit 
der Venus an Schönheit, mit der Minerva an Klugheit und 
mit der Diana an Sittsamkeit verglich. 
Vermählt war sie nie. Obschon mehre Fürsten, besonders 
der König Philipp II., sich um ihre Hand bewarben, so wies 
sie doch jedeu Antrag zurück. Sie wollte den Thron mit Kei¬ 
nem theilen und erklärte einst im Staatsrathe: „sie rechne es 
sich zur Ehre, wenn einst aus ihrem Grabsteine die Worte 
ständen: „Hier ruhet die jungfräuliche Königin!" 
Mit Elisabeth's Thronbesteigung endete der Triumph der 
Katholiken. Unter der Negierung ihrer Schwester hatte sie sich 
zum katholischen Glauben bekannt; sogleich nach dem Antritte 
ihrer eigenen Regierung aber verbot sie den katholischen Gottes¬ 
dienst, erklärte sich für das Oberhaupt der Kirche und setzte 
Überhaupt in neun und dreißig Artikeln die Religion in Eng- 
land auf die noch jetzt herrschende Weise fest. Der Grund zu 
dieser Neuerung war kein anderer, als weil die katholische Kirche 
ihr das Recht der Thronfolge absprach, indem die Ehe zwischen 
Heinrich VII L. und Anna Boleyn, aus welcher sie entsprossen, 
vom Papste für ungültig erklärt worden war. Die von ihr 
gestiftete Kirche wird die englische oder bischöfliche, auch 
die hohe Kirche genannt und weicht in einzelnen Theilen sowoh
	        
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