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Gegen die Großen des Reiches aber trat sie mit stolzer Würde
auf, um ihnen den Abstand recht fühlbar zu machen. Von dem
Gepränge, mit dem sie öffentlich auftrat, erzählt ein Zeitge-
genosse, der sie sah, wie sie sich eines Sonntages aus ihren
Gemächern in die Kapelle begab: „Zuerst erschien eine Menge
Edelleute, Grafen, Barone und Ritter; dann kam der Kanzler
mit den Siegeln zwischen zwei Lords, die Schwert und Scepter
trugen. Ihm folgte Elisabeth, und wohin sie blickte, sielen die
Anwesenden auf ihre Kniee. Hinter ihr kam ein langer Zug
weiß gekleideter junger Damen, und zu beiden Seiten stand
eine Reihe Edelleute in reichen Uniformen und mit vergoldeten
Streitäxten." Sie war überhaupt sehr eitel und herrisch; selbst
im vorgerückten Alter hörte sie noch gern, wenn man sie mit
der Venus an Schönheit, mit der Minerva an Klugheit und
mit der Diana an Sittsamkeit verglich.
Vermählt war sie nie. Obschon mehre Fürsten, besonders
der König Philipp II., sich um ihre Hand bewarben, so wies
sie doch jedeu Antrag zurück. Sie wollte den Thron mit Kei¬
nem theilen und erklärte einst im Staatsrathe: „sie rechne es
sich zur Ehre, wenn einst aus ihrem Grabsteine die Worte
ständen: „Hier ruhet die jungfräuliche Königin!"
Mit Elisabeth's Thronbesteigung endete der Triumph der
Katholiken. Unter der Negierung ihrer Schwester hatte sie sich
zum katholischen Glauben bekannt; sogleich nach dem Antritte
ihrer eigenen Regierung aber verbot sie den katholischen Gottes¬
dienst, erklärte sich für das Oberhaupt der Kirche und setzte
Überhaupt in neun und dreißig Artikeln die Religion in Eng-
land auf die noch jetzt herrschende Weise fest. Der Grund zu
dieser Neuerung war kein anderer, als weil die katholische Kirche
ihr das Recht der Thronfolge absprach, indem die Ehe zwischen
Heinrich VII L. und Anna Boleyn, aus welcher sie entsprossen,
vom Papste für ungültig erklärt worden war. Die von ihr
gestiftete Kirche wird die englische oder bischöfliche, auch
die hohe Kirche genannt und weicht in einzelnen Theilen sowoh