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11.
Florenz.
Dich hat, Florenz, dein altes Etruskervolk
mit wahrem Fug dich blühende Stadt genannt,
nicht weil der Arno ragt an Hügeln,
deren der kahlste von Wein und Oel trieft:
Nicht weil die Saat aus wucherndem Boden keimt,
nicht weil des Lustparks hohe Cypreffen und
Stein-Eichen, sammt Oliv' und Lorbeer,
neben der Pinie nie verwelken:
Nicht weil Gewerbfleiß oder Verkehr dir blüht,
den andre Städte missen, indeß du stolz
Freiheit genießest, Ruhm genießest
unter der milden Gefetze Weisheit:
Nicht weil im Prunksaal Schätze der Kunst du häufst,
vor denen jetzt stummgaffende Britten stehn;
wie manches Denkmal ist, Florenz, dir
fremder geworden als selbst dem Fremdling!
Nie wieder tritt die Sonne der Medicis,
was auch gefchehn mag, über den Horizont,
längst schläft Da Vinci, Buonaroti,
Macchiavell und der alte Dante:
Allein du blühst durch deine Gestalten sort,
und jener Kunst Vorbilder, sie wandeln am
Lungarno heut wie sonst, sie füllen
deine Theater noch an, wie vormals.
Kaum hat der Blick vor zögerndem Unbestand
sich scheuend, freudvoll eiue Gestalt erwählt,
als höchste Schönheit kaum gefeiert:
wandelt die schönere schon vorüber!
So blühe denn, o glückliche Stadt, hinfort
in solcher Schönheit, solchem Gefühl der Kraft,
wie auf dem Springquell hier der Meergott
jenes unsterblichen Gian Bologna.
Platen.
12.
Neapel.
Fremdling, komm in das große Neapel, und sieh's, und stirb!
Schlürfe Liebe, geneuß des beweglichen Augenblicks
reichsten Traum, des Gemüthes vereitelten Wunsch vergiß,
und was Quälendes sonst in das Leben ein Dämon wob:
Ja, hier lerne genießen, und dann, o Beglückter, stirb! —
Im Halbzirkel umher an dem lachenden Golf entlang,
unabsehlich, benetzt von dem laulichen Wogenschwall,
liegt von Schissen und hohen Gebäuden ein weiter Kreis;
wo sich zwischen die Felsengeklüfte des Bacchus Laub
drängt, und stolz sich erhebt in dem Winde der Palmenschaft. —
Stattlich ziehn von den Hügeln herab sich die Wohnungen
nach dem Ufer, und glatt, wie ein Garten, erscheint das Dach:
dort nun magst du die See von der Höh' und den Berg besehn,
der sein aschiges Haupt in den eigenen Dampf verbirgt,
dort auch Rosen und Reben erziehn und der Aloe
starken Wuchs, und genießen die Kühle des Morgenwinds. —