10. Die Reformation. 107
seit Jahrhunderten dem Reiche entfremdet hatten, wurden als unabhängige
Republiken anerkannt,[
b) Veränderungen in der Reichsverfassnng. Die Reichsstände er¬
hielten die Souveränität (Landeshoheit). Sie durften unter sich und
mit auswärtigen Mächten Verträge schließen, nur nicht gegen Kaiser
und Reich.
c) Veränderungen in Religionssachen. Die Bestimmungen des Augs¬
burger Religionsfriedens wurden der Hauptsache nach beibehalten. Den
Bemühungen des Kurfürsten von Brandenburg gelang es, die Gleich¬
berechtigung der Reformierten mit den beiden andern BekenntniHen durch¬
zusetzen. Der geistliche Vorbehalt wurde allgemein anerkannt.1
Folgen des Krieges. Verwüstung des Landes. Unter den
vielen Kriegen, von denen im Laufe der Zeiten unser Vaterland heim¬
gesucht wurde, hat keiner so viel Unheil angerichtet als der dreißigjährige.
Das ist nicht allein die Folge seiner Dauer, sondern erklärt sich mehr
noch daraus, daß er mit Söldnerheeren geführt wurde. Ihre Bezahlung
erfolgte schon im Anfange sehr unregelmäßig und ward schließlich zur
Ausnahme. Das Kriegsvolk sah sich hauptsächlich auf Zwangslieferungen,
Plünderung und Beute angewiesen; da überdies mit den Heeren ein
starker Troß zog und die Landesherren meist keinen Einfluß auf die
vaterlandslosen, verwilderten Scharen hatten, wurden diese zum Ruin
des Landes. — Wohl die Hälfte menschlicher Wohnstätten lag beim
Friedensschluß in Trümmern. Manche Landschaften glichen Wüsteneien.
In der Grafschaft Ruppin standen nur noch vier Dörfer. Der Viehbestand
war nahezu vernichtet, aber die großen Raubtiere waren wieder zahlreich
geworden. Der sächsische Kurfürst jener Zeit erlegte während seiner
Regierung 200 Bären und 3500 Wölfe. Die Felder waren verstrüppt
und blieben aus Mangel an Arbeitskräften vielerorts jahrzehntelang
unbebaut. Hatte doch Deutschland während des Krieges mehr als die
Hälfte seiner Bevölkerungszahl eingebüßt. Württemberg zählte beim
Friedensschluß nur 12°/o seiner früheren Einwohner.
Wirtschaftliches Elend. Das Volk war schwer gedrückt von
Steuern, denn die Landesherren hielten nunmehr stehende Heere, und
der Adel wußte die öffentlichen Lasten von sich abzuwälzen. Gestützt
auf seine obrigkeitliche Gewalt gegenüber den Bauern, brachte er diese
fast überall in seine Dienstbarkeit, häufte die Fronen nach Willkür und
mehrte das Herrenland durch Einziehung wüster Bauernstellen. Der vor
dem Kriege noch blühende Handel mit dem Auslande war vernichtet.
Die Strommündungen waren in fremden Händen, die Flußläufe ver¬
wildert. Das Bürgertum hatte weder Kapital noch Unternehmungsgeist.
Die Reichsstädte verkümmerten, nur die Residenzen kamen wieder empor.