318 Pflanzung und Ausbreitung des Christentums. 
. ,/Aulian war von höchst achtungswerter Gesinnung und hatte den 
redlichsten Willen, feine Pflichten als Herrscher in jeder Hinsicht zu er¬ 
füllen. Er übte strenge Rechtspflege und führte eine sparsame Ver¬ 
waltung ein; für sich, wie in feinem Hofhalte mied er jeden Lurus 
Aber er vergeudete feine Kraft im Kampfe gegen das Christentum' 
Zwar wollte er tue Christen nicht zum Rücktritt zwingen, aber er be¬ 
günstigte die, welche zurücktraten. Bon den Fahnen verschwand nun wieder 
das Kreuz; der verstorbene Kaiser, der Sohn Konstantins, wurde nach 
heidnischer Sitte beerdigt; täglich sah man den Kaiser mit eigener §>and 
opfern. Da zeigte sich bald viel Schwachheit; Statthalter. Beamte" und 
Soldaten traten zum Heidentum zurück. Bei Verleihung von Ämtern 
wurden Heiden bevorzugt; auch sonst erließ der Kaiser manche Gesetze 
durch welche die christliche Kirche geschädigt wurde. Die eingezogenen 
und meistens für die christlichen Kirchen verwandten heidnischen Tempel¬ 
güter mußten zurückgegeben werden, und wenn die heidnischen Beamten 
bei der Durchführung dieser Maßregel überstreng verfuhren, billigte 
Julian dies ausdrücklich mit den Worten: „Nun gut! die Galiläer sollten 
sich freuen! Befiehlt ihnen denn nicht das Evangelium, das Übel zu 
leiden?" Er verbot den Christen, ferner als Lehrer der alten Klassiker 
aufzutreten; „denn," sagte er, „wie dürfen sie das erklären, was sie 
mißbilligen? Mögen sie in ihren Kirchen Matthäus und Lukas erklären'" 
Die Christen „sollten dadurch von der weltlichen Bildung und damit von 
den höheren Ämtern ferngehalten werden; denn wenn ihnen auch nur 
das Lehren der Weltweisheit untersagt war, so folgte dadurch von 
selbst, daß die Christen nicht wohl Zuhörer bei einem Unterrichte sein 
formten, der von Heiden und in einem durchaus heidnischen Geiste erteilt 
wurde. Daß dies auch die Absicht des Kaisers war, spricht er mit den 
Worten aus: „Behaltet ihr eure Unwissenheit; die Beredsamkeit ist 
unser. Eure Lehre hat nur das eine Wort: glaubet! so seid denn mit 
dem Glauben zufrieden! Die Anbeter des Zimmermanns, die Schüler 
der Fischer haben keinen Anspruch auf Bildung." Aber mehr und mehr 
mußte Julian sich überzeugen, daß er einen vergeblichen Kampf unter¬ 
nommen hatte; ernstere Menschen hatten dies längst eingesehen, und die 
vom Christentum Abgefallenen waren durchweg solche, welche j ede Zucht 
haßten, mit denen der ernste und sittenstrenge Kaiser oft hart zürnte. 
„Die Christen dürfen uns an Tugenden nicht übertreffen!" rief er ihnen 
zu. Als er auf einem Feldzuge'gegen die Perser den Tempel Apollos 
in Antiochien gänzlich zerfallen fand, machte er den dortigen Heiden 
heftige Vorwürfe und ließ dann den Tempel aufs prächtigste wieder¬ 
herstellen. Aber gleich nachher brannte derselbe aus. Obwohl das Feuer 
nachweislich durch einen Heiden entstanden war, schob der Kaiser doch 
den Christen die Schuld zu; viele derselben wurden eingezogen und ge¬ 
foltert; ebenso wurden sie von allen Ämtern ausgeschlossen. An mehreren 
Orten plünderten und erschlugen die Heiden die Christen. „Was thut es," 
sagte der Kaiser, „wenn ein'Grieche zehn Galiläer tötet?" Die Christen 
waren still und sagten: „Es ist nur ein Wölkchen, es wird vorüber¬ 
gehen." Als ein Heide einem christlichen Priester höhnisch zurief: „Was
	        
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