12 Alte Zeit.
Der Dienstag (dies Martis) wurde nach dem germanischen Kriegsgotte Ziu
(Thiu), der Donnerstag (dies Jovis) nach Donar, der Freitag (dies Veneris)
nach Freia benannt.
Durch das Christentum ist der Götterkönig Wodan entthront; er hat es
sich gefallen lasten müssen, daß der Teufel an seine Stelle gesetzt ist. Seine
Kriegs- und Jagdzüge leben noch fort in der Sage von der wilden Jagd
und dem wütenden Heere, vom Helljäger und Hackelberg. Auch
mancher Zug in unsern Märchen und manche Gebräuche erinnern noch an
Wodan; so der Wunschmantel, Wünschelhut und die Wünschel¬
rute, der „Knüppel aus dem Sack", der Ausdruck „jemandem den
Daumen halten", die Wodenspange, d. i. der Raum, den man mit
Daumen und Zeigefinger bemessen kann. Auch die Sagen vom ewigen
Juden, vom heil. Martin mit dem Mantel, von St. Nikolaus u. a.
lassen sich auf Wodan zurückführen.
Während Wodan hauptsächlich ein Gott des Geisteslebens war,
waltete Donar (nordisch Thorr, das aus Thonar verkürzt ist) auf dem
natürlichen Gebiete. Er galt als Sohn des Himmelsgottes Wodan
und der Erde. Seine Brust umwallt der rote Bart; in seiner Rechten
hält er den Hammer Miölnir, ein wahres Wunderwerk der kunstsinnigen
Zwerge; denn er kehrt nach jedem Wurfe von selbst in die Hand des
Gottes zurück. Auf seinem Eisenwagen, der von zwei lohfarbigen Böcken,
Zahnknisterer und Zahnknirfcher, gezogen wird , fährt Thor, umhüllt
von dem Wolkenmantel, durch den Himmelsraum dahin. Das Rauschen
der Wälder verkündet sein Nahen; seinen Hammer schleudert er durch
die Wolken, daß sie dröhnend auseinanderfahren. Dies Gedröhn nennen
die Menschen Donner, den herabfahrenden Hammer Donnerkeil. Außer
dem Hammer besitzt Donar auch noch Eisenhandschuhe, mit denen er
den Blitz schleudert, und einen Stärkegürtel, der seine Kraft verdoppelt.
Den Menschen ist er hold und freundlich; nicht gegen sie kehrt er seine
Blitze, sondern gegen die Riesen, die Feinde der Götter und Menschen.
Letzteren erschließt er den Himmel, läßt den befruchtenden Gewitterregen
niederströmen und segnet ihre Saaten; ja er bereitet den harten Fels¬
boden zu fruchtbarem Baugrunde, indem er den harten Stein mit
seinem Hammer spaltet und verwittern läßt, und verpflichtet den Arbeiter
im Steinbruch, dem er vorarbeitet, zum Danke. Immer ist er auf der
Ostfahrt, im Kampf mit den Ostriesen begriffen, "weil die kalten Winde
von Osten kommen, die Gewitter aber von Westen. Gegen alle ver¬
derblich wirkenden Naturkräfte nimmt er die Menschen in Schutz, nicht
bloß gegen die Winterriesen schleudert er seine Blitze, auch die Dämonen
der Gluthitze spaltet sein Strahl; ja den Gewittern wehrt er ihre
verderbliche Wirkung. Als Gott der Ehe, die sein Hammer weiht, legt
er den Grund zu einem sittlich geordneten Leben; als Gott des Eigentums,
das sein Hammerwurf begrenzen und feststellen hilft, entwickelt er den
Staat aus der Familie; als Gott der Brücken, der die Bergströme
zähmt, verbindet er die Stämme und befördert den Verkehr. Daher
genoß Donar hohe Verehrung, besonders bei den Landleuten. In seiner
weiten, aus 540 Stockwerken bestehenden Burg Trudheim hofften Bauer
und Knecht von Mühsal und Arbeit auszuruhen. Mit seinem Hammer