324 Die Neuzeit. 
unermüdliches Verhör gequält unb, falls er sich nicht schuldig bekennen 
wollte, durch ekelhafte, ungesunde Gefängnisse, oder durch die Folter 
unb viele anbere Marterwerkzeuge so lange gequält, bis er das verlangte 
Gestänbnis seiner Schulb ablegte, um nur burch den Tob von ben 
unerträglichen Qualen befreit zu werben. In Queblinburg würben an 
einem Tage 133 Hexen verbrannt, im Fürstentum Neiffe von 1640—1651 
gegen 1000 Menschen, unter biesen Kinber unter sechs Jahren. Am 
eifrigsten in ber Verfolgung ber Hexen waren bie geistlichen Fürsten unb 
bie Jesuiten. Im Bistum Straßburg würben in zwanzig Jahren 
5000, im Bistum Bamberg innerhalb fünf Jahren 500 Hexen ver¬ 
brannt ! Im beutscheu Reiche würbe bie letzte Hexe 1749 enthauptet 
unb bann verbrannt; in Glarus in ber Schweiz aber mnb noch 1782 
bie Enthauptung einer Dienstmagb statt, bie bas Kinb ihrer Herrschaft 
behext unb ihm „Nabelsamen" eingegeben haben sollte. 
Aber ber burch bie Reformation neu geborene Geist bes Gottver¬ 
trauens unb ber Gebulb erstarb auch in ber dunkelsten Zeit nicht ganz 
und wurde von den Geistlichen, namentlich den evangelischen, immer 
wieder angefacht. Diese hatten unter den Drangsalen des Krieges am 
meisten gelitten, besonders von den katholischen Soldaten; aber standhaft 
hatten sie unter den größten Entbehrungen und Gefahren bei ihrer 
zusammengeschmolzenen Gemeinde ausgehalten. Auch bei der Wieder¬ 
aufrichtung des Volkes fanden die Fürsten an den Predigern, besonders 
auf dem Dorfe, die wirksamste Unterstützung. Mitten in bem Getümmel 
des großen Krieges erklangen die frommen Lieder Paul Gerhards, 
Johann Heermanns und anberer frommen Sänger unb trösteten 
bas Volk in seiner schweren Leibenszeit. In ben höheren Stänben aber 
griff vielfach eine Lauheit gegen bie Religion um sich, bie so manchem 
Verbrechen hatte zum Deckmantel bienen müssen, unb viele, selbst Fürsten, 
ließen sich burch äußere Vorteile verleiten, zur katholischen Kirche zurück¬ 
zukehren. Andrerseits würbe zwischen den einzelnen Konfessionen ein 
erbitterter Kampf um die kirchliche Rechtgläubigkeit geführt, wobei das 
kirchliche Leben häufig litt, so daß Fr. v. Logau klagt: 
Lutherisch, Päbstisch und Calvinisch, diese Glauben alle drei 
Sind vorhanden: doch ist Zweiffel, wo das Christenthum dann sey. 
Daß das deutsche Volk alle diese Leiden überstanden und sich später 
noch wieder zu ungeahnter Blüte erhoben hat, ist ein Zeichen seiner 
unverwüstlichen Lebenskraft. Aus den brandenburgifchenMarken, 
die durch den großen Krieg zwar ebenso niedergebeugt waren, wie jebes 
anbere beutsche Lanb. aber burch bie thatkräftigen unb umsichtigen 
hohenzoUetnschen Fürst en sich balb erholten unb zu einem 
kräftigen Staate zusammenwuchsen, bilbete sich ber feste Stamm, um 
welchen bas gesamte, sich geistig erneuernbe Deutschland wieber sammeln 
konnte.
	        
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