Full text: Badisches Realienbuch

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nach Mannheim. Daselbst erbaute er nach französischem Vorbilde (Königsschloß 
in Versailles) das gewaltige Schloß, das seinem Umfange nach das größte in Europa 
ist. Sein Nachfolger, Karl Theodor, legte den in französischem Stile gehaltenen 
Schwetzinger Schloßgarten an und führte einen glänzenden Hofhält. Das Leben 
an den damaligen beiden größten Fürstenhöfen unseres Landes, Karlsruhe und 
Mannhein:, zeigte einen gewaltigen Gegensatz. Am markgräflichen Hofe herrschten 
Einfachheit und Sparsamkeit, am kurpfälzischen dagegen Pracht und Verschwen¬ 
dung. Indessen taten die Pfälzer viel zur Förderung von Kunst und Wissen¬ 
schaft. Im Jahre 1778 verlegte Karl Theodor, der nach Aussterben des bayrischen 
Fürstenhauses*) auch Kurfürst von Bayern wurde, seine Residenz nach München. 
Oie Srvhkerivge von Baden. 
22. Karl friedricb, der Gesegnete. 
Markgraf (1738—1803), Kurfürst (1803—06) und Großherzog von Baden (1806—11). 
a) Überblick. Auf Karl Wilhelm folgte sein Enkel Karl Friedrich. Die lange, ge¬ 
segnete Regierung dieses trefflichen Fürsten brachte unserm Lande eine gewaltige innere 
nnd äußere Umgestaltung. Die Markgrafschasten wurden wieder vereinigt (1771), 
und mitten in den Napoleonischen Kriegen erstand das Großherzogtum Baden (1806). 
b) Der Landesvater. Karl Friedrich sorgte wie ein Vater für sein Volk 
nnd suchte es „frei, wohlhabend, gesittet und christlich" zu machen. Zn diesem 
Zwecke traf er mancherlei weise Anordnungen. 
1. Zunächst wollte er seinen Untertanen eine tiefere geistige und religiös- 
sittliche Bildung geben. Darum verbesserte und vermehrte er Volks- und 
Mittelschule:: und ließ zur Ausbildung von Lehrern und Geistlichen ein Lehrer¬ 
und Pfarrerseminar errichten. 
2. Den Wohlstand des Volkes suchte er zu erhöhen durch Förderung von 
Landwirtschaft, Gewerbe nnd Industrie, Handel und Verkehr. Die Landlente 
wurden belehrt, wie das Feld am besten zu bestellen sei. Der Anbau wert¬ 
voller, bis dahin kaun: bekannter Nutzpflanzen wie Kartoffeln, Welschkorn, 
Runkelrüben, Tabak, Luzerne und Krapp wurde durch Verteilung von Sämereien 
allerorts üblich. Zur Verbreitung edler Obstsorten hatten die Hofgürtner den 
Landwirten Pfropfreiser unentgeltlich zu verabfolgen. Die Viehzucht wurde 
gehoben durch Einführung besserer Rinder- und Pferderassen aus den: Auslande 
sowie der Merinoschafe ans Spanien. Der Wohlstand der Landwirte steigerte 
sich zusehends, so daß man zu sagen pflegte: „Wenn der Markgräfler zehn 
Jahre Frieden behält, fährt er mit silbernem Pfluge ins Feld." 
In den Städten begünstigte Karl Friedrich die Errichtung von Fabriken. 
(Tabakfabriken, Webereien.) Zu besonderer Blicke gelangte die 1767 in Pforzheim 
eingeführte Bijouteriefabrikation, deren Absatzgebiet heute die ganze Welt ist. 
Handel und Verkehr wurden gehoben durch Anlage guter Straßen und 
durch Einführung des Postwesens. 
3. Die Rechtspflege wurde verbessert. Die Gerichte hatten ihr Urteil zu 
fällen ohne Ansehen der Person. Miißiggang und Bettel waren verboten. Den 
*) Haus Wittelsbach: In der Pfalz seit 1214; in Bayern 1180—1777, bezw. bis heute.)
	        
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