Freiheitskrieg von 1815. 301 
nur Großmut gegen Frankreich üben tritt; daß die Franzosen dies missen und 
hierauf bauen; daß der Staatskanzler von Hardenberg der Einzige ist, der eine 
feste Sprache führt, aber nicht unterstützt wird; daß der Fürst Metternich, mehr 
arglistig als verständig, nicht eine höhere, sondern nur eine persönliche Politik 
verfolgt, und daß die Engländer, unwissend und gleichgültig in Bezug auf das¬ 
jenige, was im Innern des Festlandes vorgeht und nötig ist, von den Ansichten 
des Fürsten Metternich sich leiten lassen." Blücher sprach es unverhohlen aus, 
„daß nach diesem unverantwortlichen Friedensschlüsse ein baldiger Bruch mit 
Frankreich unvermeidlich sei, und nur Rasttag gehalten werden dürfe"; Stein 
ärgerte sich an der „unverschämten und unzüchtigen französischen Rasse, die, 
nachdem sie sich mit Verbrechen bedeckt hatte, durch die Europa mit Blut und 
Trauer bedeckt worden war, von ihrer Biederkeit, ihrer Güte und ihrer Großmut 
sprach." Bei seinem Ausbruch von Paris dankte Friedrich Wilhelm seinen Truppen 
für die bewiesene Tapferkeit. Blücher ward zum Fürsten von Wahlstatt, 2)orf, 
Bülow, Kleist und Tauentzien zu Grafen von Wartenburg, Dennewitz, Nollendorf 
und Wittenberg ernannt. Ferner befahl der König, eine Kriegsdenkmünze aus 
dem Metall eroberter Kanonen zu prägen, die an alle Krieger verteilt werden 
sollte. Die Namen der Gefallenen sollten auf eine Ehrentafel geschrieben und 
diese in den Gotteshäusern der Gemeinden aufgehängt werden. Während die 
Heere ihren Rückmarsch antraten, begaben sich die Monarchen, in Begleitung der 
Prinzen und Feldherren zu einem Besuche nach England, wo sie mit den größten 
Ehrenbezeugungen empfangen wurden. Der alte Blücher wurde am meisten ge¬ 
feiert : das Volk spannte ihm die Pferde aus und zog feinen Wagen selbst; 
Reiche und Vornehme bestachen die Dienerschaft des Gasthofes, in welchem Blücher 
wohnte, um als Diener verkleidet Blücher auswarten zu dürfen. Als die Universität 
Oxford ihn zum Doktor ernannte, sagte er scherzend: „Wenn Ihr mich zum 
Doktor macht, müßt Ihr Gneisenau mindestens zu meinem Apotheker machen, 
denn er hat mir die Pillen.gedreht." 
Am 7. August hielt der König seinen Siegeseinzug in Berlin; die an 
diesem Tage wieder enthüllte Viktoria trug jetzt auf ihrem Stabe das eiserne 
Kreuz. 
IO) Freiheitskrieg von 1815. 
a. Napoleons Rückkehr. ^ Im Herbste 1814 reisten die Fürsten mit 
ihren Staatsmännern und Feldherren nach Wien, um hier auf dem 
Wiener Kongreß die Verhältnisse der Staaten neu zu ordnen. Es 
war die glänzendste Versammlung, die eine deutsche Stadt jemals ge¬ 
sehen; 100 000 Gäste waren anwesend, für deren Bewirtung und Festes¬ 
freuden der östreichische Hof 30 Millionen Thaler aufwendete. Es kam 
Metternich darauf an, durch einen Strudel von Genüssen die hohen 
Gäste für seine Pläne zu gewinnen, die am wenigsten auf eine Erhebung 
und Stärkung Preußens hinausliefen. Stein schrieb: „Es ist jetzt die 
Zeit der Kleinheiten, der mittelmäßigen Menschen, alles das kommt 
wieder hervor und nimmt seine alte Stelle ein; und diejenigen, welche 
alles aufs Spiel gesetzt haben, werden vergessen und vernachlässigt." 
Dem Ernst der Arbeit entsprach nicht die Haltung des Kongresses. „Auf 
einem Ball wurden Königreiche vergrößert oder zerstückelt, bei einem
	        
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